Preußen

Preußen

Preußen, der preuß. Staat, die 2. Macht des deutschen Bundes, zerfällt in eine größere östl. und in eine kleinere westl. Hälfte, welche durch Kurhessen, Hannover und Braunschweig getrennt sich auf ungefähr 8 Ml. nähern, erstreckt sich von der russ. bis an die niederländ., belg. und franz. Gränze und umschließt mehre kleinere deutsche Fürstenthümer. Die östl. Hälfte wird begränzt von Rußland, der Ostsee, Mecklenburg, Braunschweig, Hannover, Kurhessen, Schwarzburg, Reuß, den sächs. Herzogthümern, Königreich Sachsen, Böhmen, Mähren, österr. Schlesien u. Galizien; die westl. von Hannover, den Niederlanden, den beiden Lippe, Braunschweig, den 3 Hessen, Nassau, Oldenb. - Birkenfeld, Rheinbayern, Luxemburg, Frankreich u. Belgien. Neuenburg (s. d.) hat sich 1848 von der preuß. Monarchie getrennt, dagegen sind seit 1850 die hohenzollerschen Fürstenthümer (s. d.) mit derselben vereinigt. P. ist in 8 Provinzen eingetheilt: Preußen (Ost- u. Westpreußen), Posen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen, Westfalen und die Rheinprovinz. Die Oberfläche der Gesammtmonarchie beträgt 5104 QM. mit 17178091 E., von denen gegen 7 Mill. Katholiken sind; Juden gibt es über 226000, von denen ein großer Theil in den ehemals poln. Provinzen lebt. Der Nationalität nach sind etwa 9/11 Deutsche oder germanisirte Slaven, die anderen Slaven, nämlich: Kuren, Lithauer, Polen (weitaus die zahlreichsten), Kassuben, Wenden, Czechen. Die östl. Hälfte bildet der größeren Strecke nach ein Flachland, das sich vom Riesengebirge, Erzgebirge, Thüringer Wald u. Harz gegen die Ostsee ausbreitet; der westl. u. südl. Theil Schlesiens ist von den Bergen der Sudeten und des Riesengebirges erfüllt, die Provinz Sachsen wird von dem Thüringer Walde durchzogen u. enthält einen Theil des Harzes. In den westl. Provinzen erheben sich zwischen Weser und Rhein der Teutoburger Wald, das Sauerländische-, das Weser- u. Siebengebirge, jenseits des Rheins Hundsrück, Eifel und Hohe Veen. Hauptflüsse sind: Memel, Weichsel, Oder, Elbe, Weser, Ems u. Rhein; durch Kanäle verbunden sind Elbe u. Oder, Oder u. Weichsel. Die Fruchtbarkeit des Bodens ist sehr ungleich, somit auch der Ertrag der Landwirthschaft und Viehzucht; diese werden im Allgemeinen mit großer Umsicht betrieben u. heben sich fortwährend. Der Bergbau liefert Silber (etwa 40000 Mark jährlich), hauptsächlich aber Eisen, Steinkohlen u. Zink u. hat in neuester Zeit einen großen Aufschwung genommen; Salz findet sich im Ueberfluß, Bernstein in Ostpreußen und Pommern; Mineralquellen zählt man 108. Die Industrie ist besonders in Schlesien, Sachsen, Westfalen und der Rheinprovinz einheimisch; sie erzeugt namentlich: Wolletuch, Seidezeuge u. Seidesammt, Baumwollestoffe aller Art, Metallwaaren, Leinwand, Rübenzucker, Branntweine, chemische Fabrikate. Der Seehandel beschäftigt mit Einschluß der Küstenfahrer etwa 1560 Fahrzeuge mit 270000 Tonnen Gehalt. Die Staatsverfassung P.s ist die constitutionell-monarchische; der Thron erbt nach der Erstgeburt in der Ordnung der Linien mit Vorzug des Mannsstammes; die Verfassungsurkunde vom 31. Jan. 1850 (sie ist seitdem Jahr für Jahr abgeändert worden, welche Praxis auch 1856 nicht aufgehört hat) bestimmt 2 Kammern: das Herrenhaus, dessen Mitglieder von dem Könige auf Lebensdauer ernannt werden, u. die Kammer der Abgeordneten, welche aus den Wahlen der nach einem Klassencensus eingetheilten Staatsbürger hervorgehen. Neben dem Staatsministerium besteht als höchste berathende Behörde ein Staatsrath, in welchem die volljährigen königl. Prinzen sowie die durch ihr Amt od. durch das Vertrauen des Königs berufenen Staatsdiener Sitz u. Stimme haben. An der Spitze der Verwaltung einer Provinz steht ein Oberpräsident, dem die Consistorien, Schulcollegien, Medicinalcollegien, Archive, Landarmendirectionen etc. unmittelbar untergeordnet sind. Die nähere Verwaltung der Provinz geht von der Regierung aus, deßhalb ist jede Provinz in 2–4 Regierungsbezirke (der ganze Staat in 27) getheilt; ein solches Regierungscollegium besteht aus einem Präsidenten, aus Oberregierungsräthen, Regierungsräthen, Assessoren, Referenten, Sekretären, Kanzleidirector u. zerfällt in 4 Abtheilungen: für Kirchen- u. Schulwesen, das Innere, Domänen, directe Steuern und Forsten, indirecte Steuern. Unter diesen Regierungen stehen die Landräthe d.h. die Vorsteher der Kreise, die Kreiskassen, Rentämter, Domänenpachtämter, die Polizeibehörden, Aerzte etc. Die 1851 wieder hergestellten Provinzialstände haben, wenn sie die Regierung dazu auffordert, über Einführung oder Aufhebung von Provinzialgesetzen ihr Gutachten abzugeben und die auf die Provinz fallenden Abgaben zu vertheilen. Das Justizwesen hat seit 1848 eine neue Organisation erhalten; die Gerichte erster Instanz bestehen aus collegialisch eingerichteten Kreis- und Stadtgerichten; in zweiter Instanz urtheilen 22 Appellationsgerichte; die dritte Instanz bildet für die gesammte Monarchie das Obertribunal zu Berlin. Die Rheinprovinz hat frz. Recht u. Friedensgerichte als erste Instanz. Für die Criminaljustiz bestehen Geschwornengerichte; seit 1847 gibt es Handelsgerichte, welche aus 1 rechtskundigen Director, 2 rechtskundigen Mitgliedern u. wenigstens 4 Geschäftsmännern bestehen. Gesetzbuch ist das allgemeine preuß. Landrecht; seit dem 1. Juli 1851 ist für alle Theile der Monarchie ein neues Strafgesetzbuch in Kraft getreten. Durch sein Heer ist P. eine Großmacht. Alle männlichen u. gefunden Unterthanen sind mit dem 20. Jahre dienstpflichtig u. zwar 5 Jahre für den activen Dienst, von dem sie 2–3 Jahre in dem stehenden Heere, die andern 2 oder 3 in der Kriegsreserve zubringen. Aus der Kriegsreserve treten sie in die Landwehr des 1. Aufgebots (vom 25. bis 33. Jahre), sodann in die Landwehr des 2. Aufgebots (33–39 Jahr), welche nur für den Krieg im eigenen Lande, den eigentlichen Vertheidigungskrieg, bestimmt ist. Die Gesammtstärke des stehenden Heeres beträgt 225000, der Landwehr 1. Aufgebots 174000, des 2. Aufgebots 175000 Mann aller Waffengattungen. Die preuß. Seemacht bestand 1854 aus 54 Kriegsfahrzeugen mit 288 Kanonen; auf einem von Oldenburg erkauften kleinen Gebiete an der Jahde soll ein Kriegshafen angelegt werden. Die Verfassung gewährt jeder anerkannten Religionsgesellschaft Freiheit des Cultus und Selbständigkeit in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Lutheraner und Reformirte bilden seit der Union von 1817 die evangelisch-unirte Kirche; doch haben sich mehre Gemeinden als sog. Altlutheraner von der Union losgesagt. Die Katholiken haben 2 Erzbischöfe, in Gnesen u. Köln, u. 6 Bischöfe: Kulm, Ermeland, Breslau, Münster, Paderborn und Trier. Der öffentliche Unterricht wird von dem Staate sorgfältig gepflegt; P. besitzt 6 Universitäten: Berlin, Halle, Breslau, Greifswalde, Königsberg u. Bonn, zu Münster u. Braunsberg akademische Lehranstalten für kathol. Theologen, 123 Gymnasien, 39 Progymnasien, 56 Schullehrerseminare, 52 Real-, 34 höhere Bürgerschulen, 24500 Elementarschulen. Der preuß. Staatshaushalt ist seit 1815 anerkannt trefflich geführt worden. Der Finanzetat für 1854 ergab als Einnahme 107990069 Thlr. und als Ausgabe genau die selbe Summe. Die verzinsliche Staatsschuld berechnete sich 1854 auf 187028818 Thlr. 26 Ngr. 7 P fg., die unverzinsliche (in Kassenanweisungen) auf 30842347 Thlr. P. rechnet nach Thalern; der Thaler ist seit 1825 = 30 Sgr., 1 Sgr. = 12 Pfg.; 1 Thlr. = 1 fl. 45 kr. des 241/2 Guldenfußes, 1 fl. 255/7 kr. des Conventionsfußes; die gewöhnliche Goldmünze ist der Friedrichsdʼor im gesetzlichen Curs zu 5 Thlr. 20 Sgr. Der preuß. Centner = 102,89 Zollpfd.; das Schiffspfd. = 3 preuß. Ctr., die Schiffslast = 4000 Pfd., der Stein Wolle = 22 Ctr., die Tonne Eisen = 10 Ctr. Der preuß. Fuß = 139,13 Par. Lin. und eingetheilt in 12 Zoll zu 12 Linien; 1 Elle = 251/2 Zoll; 1 Ruthe = 12 Fuß; 1 Faden = 6 Fuß; 1 Lachter = 80 Zoll; 1 Meile = 2000 Ruthen; der Morgen = 180 Quadrat Ruthen. Hohlmaße: das Fuder = 4 Oxhoft zu 11/2 Ohm od. 3 Eimern; 1 Eimer = 60 Quart = 68,70 frz. Litr.; 1 Biertonne = 100 Quart; 1 Scheffel Getreide = 54,96 franz. Litr. = 16 Metzen, 1 Wispel = 24 Scheffel. Am Bundestag nimmt P., obwohl Posen, Ost- u. Westpreußen nicht zum Bundesgebiete gehören, die 2. Stelle ein; in der engern Versammlung hat es 1, in der weitern 4 Stimmen. Vgl. Frantz: »Der preuß. Staat, Handbuch der Statistik, Verfassung u. Gesetzgebung Preußens«, Quedlinburg 1853 ff. – Geschichte. Das eigentliche Königreich P. (das Küstenland an der Ostsee zwischen Pommern u. Kurland) wurde nach dem Abzug der gothischen Stämme zur Zeit der Völkerwanderung von den slav. Porussen (Preußen) besetzt, welche sich der Polen in blutigen Kämpfen erwehrten, aber im 13. Jahrh. nach verzweifeltem Widerstande dem Deutschen Orden unterlagen (s. Deutscher Orden). Als der Orden in sich zerfiel, mußte 1466 das fast ganz entvölkerte Westpreußen an Polen abgetreten werden; bei der zunehmenden Schwäche des Ordens, der von dem sinkenden deutschen Reiche keine Unterstützung erhielt, nahm die Ablösung von dem deutschen Reichskörper fortwährend zu und als die Reformation sich gegen den Kaiser richtete, fiel auch P. ab, indem der damalige Hochmeister Albrecht von Brandenburg protestantisch wurde, sich zum selbständigen Herzog erklärte u. 2. April 1525 P. von dem König von Polen als Lehen annahm. Dieses P. erbte 1618 an Kurbrandenburg (s. Brandenburg), das sich seit Friedrich I. (1415–40) durch Kottbus, Peitz, die Neumark und das Jülichʼsche Erbe erweitert, aber durch die Trennung der fränk. Marken (s. Ansbach u. Bayreuth) geschwächt hatte. Der große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640–88) schüttelte die poln. Oberlehensherrlichkeit über P. ab, erhielt im westfäl. Frieden ansehnliche Vergrößerungen, schuf eine Heeresmacht und regelmäßige Finanzen, gründete durch Demüthigung des Adels die souveräne Fürstengewalt und hinterließ einen wohlgeordneten Staat von 2000 QM. Größe mit 11/2 Mill. E, zu jener Zeit eine bedeutende Macht (s. Friedrich Wilhelm). Sein Sohn Friedrich III. war zwar kein Staatswirth wie Friedrich Wilhelm, regierte aber doch sonst in demselben Systeme, übte das Heer im span. Erbfolgekriege, erwarb Meurs u. Lingen, deßgleichen Neuenburg, u. krönte sich mit kaiserl. Bewilligung 18. Jan. 1701 zu Königsberg als Friedrich I. zum König von P; st. 1713. Sein Sohn Friedrich Wilhelm I. (1713–40) hielt einen fast bürgerlichen Hof, hob den Wohlstand der erschöpften Landestheile, ordnete die Landesverwaltung umsichtig u. streng, bildete durch Disciplin u. Uebung ein tüchtiges Heer, sammelte einen Schatz von 870000 Thlrn. u. eroberte von Schweden Stettin sowie einen Theil von Vorpommern. Sein Nachfolger Friedrich II. (1740–86) benutzte die ererbten Hilfsmittel und die seltene Gunst der Zeitverhältnisse im ganzen Umfange und in genialer Weise; durch ihn wurde P. in die Vorderreihe der europ. Mächte gestellt u. das Volk mit jenem militärischen Geiste beseelt, welcher in dem entscheidenden Augenblicke Streitkräfte zu entfalten möglich machte, wie sie der Feind nie erwartet hatte (vergl. Friedrich II). Er eroberte Schlesien, ererbte Ostfriesland u. einen Theil des Mansfeldischen, gewann durch die erste Theilung Polens Westpreußen außer Danzig und Thorn und das anliegende Stück von Großpolen bis an die Netze, wodurch Ostpreußen mit dem kurmärk. Gebiete in geographischen Zusammenhang gebracht wurde. Unter seinem Neffen u. Nachfolger Friedrich Wilhelm II. (1786–97) vergrößerte sich P. zwar bei der 2. und 3. Theilung Polens um 2000 QM. sowie durch den Heimfall der fränk. Markgrafschaften, allein die Regierung behielt nur die Formen von der Friedrichs II.; die Finanzen wurden erschöpft, der Krieg gegen das revolutionäre Frankreich ohne Erfolg geführt, im Basler Frieden (1795) Oesterreich u. das südwestl. Deutschland im Stiche gelassen u. dadurch der Ruf der preuß. Politik als einer eigennützigen u. »perfiden«, den der Angriff Friedrichs II. auf Maria Theresia u. die Betheiligung an der Vernichtung Polens verbreitet hatte, im deutschen Volksglauben bestätigt. Friedrich Wilhelm III. (1797–1840) führte manche Verbesserung im Innern ein, konnte aber das überlieferte, als unübertrefflich geltende System, das den Namen Friedrichs II. trug, dem aber der Geist des großen Regenten längst fehlte, nicht beseitigen und ebensowenig die Neutralität gegen das übermächtige Frankreich behaupten. Die Verletzung des Ansbachʼschen Gebiets durch Napoleon I. 1805, sowie dessen feindselige Gesinnung gegen P., welche durch die zur Schau getragene Verachtung gegen P. noch kränkender wurde, zwangen den König 1806 das Schwert zu ziehen. Der Tag von Jena und Auerstädt, die Capitulationen v. Prenzlau, Pasewalk und Anclam, die Uebergabe der stärksten Festungen, ohne daß deren Commandanten die Vertheidigung nur versuchten, der Diensteifer, mit dem so manche hochgestellte Beamten dem Feinde entgegenkamen, bewiesen nur zu schlagend, wie wenig das bisherige militärische u. bureaukratische System getaugt hatte. P. war in Napoleons I. Gewalt und es war wirklich nur Rücksicht auf Rußland, daß der preuß. Staat nach dem Tilsiter Frieden noch aus Brandenburg, Pommern, Schlesien und Ostpreußen bestand. Aber nun folgte die ganze Reorganisation des gesammten Staatslebens, durch welche P.s Zukunft gesichert wurde; die Leibeigenschaft hörte auf, die bürgerlichen Lasten wurden abgelöst, die Gewerbefreiheit eingeführt, die Städteordnung erlassen, den Bürgerlichen der Zutritt zu allen civilen und militärischen Aemtern geöffnet, die körperliche Züchtigung bei der Armee abgeschafft, das jetzt noch geltende Militärsystem in das Leben gerufen u. die Verwaltung in musterhafter Weise eingerichtet, durch welches Alles die materielle u. sittliche Kraft P.s sich so hob, daß es 1813 gegen den durch den russ. Feldzug geschwächten Napoleon I. den Kampf wagen durfte. In den sog. Befreiungskriegen erwarb sich das preuß. Heer durch Großthaten, die Ihresgleichen in der Geschichte suchen, unvergänglichen Ruhm und der Monarchie die Achtung Europas; im Frieden erhielt P. zwar eine beträchtliche Gebietserweiterung, aber zugleich die ungünstigste geograph. Gestaltung u. Begränzung, welche zugleich P. die Nöthigung auflegt, alle Kräfte zu entwickeln und anzuspannen, damit es immer bereit sei einen Angriff abzuschlagen oder den günstigen Augenblick zu einer Ausrundung der Gränze zu erfassen. Nach dem Frieden wurde die Organisation des Staats im Wesentlichen nach den seit 1807 geltenden Grundsätzen weiter ausgebildet, die zugesagte repräsentative Verfassung jedoch keineswegs eingeführt, im Gegentheile nahm P., hierin Oesterreich folgend, eine entschieden feindselige Stellung gegen den deutschen Constitutionalismus ein. Die Censur wurde verschärft, eine systematische Ueberwachung des Lebens durchgeführt und dasselbe durch die Staatsgewalt in allen Zweigen normirt. Von der Staatsgewalt ging auch die Union von 1817 so wie 1821 die Kirchenagende aus; die Hegelʼsche Philosophie wurde gewissermaßen zur Staatsphilosophie erhoben und durch dieselbe dem preuß. Kirchen- und Staatswesen die Weihe vom Katheder herab gegeben; nur das Bestreben der Regierung, auch die kathol. Kirche in den Umkreis des herrschenden Systems einzugränzen, fand unerwarteten Widerstand (vergl. Altenstein, Droste Vischering, Dunin). In der auswärtigen Politik ging P. mit Rußland u. Oesterreich Hand in Hand, unterstützte aber die Bemühungen des letzteren nicht, um den russ. Angriff gegen die Türkei, 1828 zu verhindern. Um Deutschland machte sich P. durch die Schöpfung des Zollvereins sehr verdient (s. Zollverein). Friedrich Wilhelm IV., der 1840 seinem Vater auf dem Throne folgte, gewährte der kath. Kirche ihr Recht, milderte die Censur, stellte Männer von bekannter constitutioneller Gesinnung an, berief 1842 die Ausschüsse der Provinzialstände nach Berlin, 1847 einen vereinigten Landtag, verweigerte aber entschieden eine geschriebene constitutionelle Verfassung (Charte). Die Märzstürme von 1848 bewirkten jedoch plötzlich die Einberufung einer Nationalversammlung zur Vereinbarung einer Verfassung, ein Aufstand der Polen wurde mit Waffengewalt unterdrückt, im Kriege gegen die Dänen erprobte sich die preuß. Waffentüchtigkeit abermals glänzend; das Heer war es, welches der durch die Mehrheit der Nationalversammlung begünstigten Anarchie ein Ende machte, ebenso schlug es die Revolution in Dresden, Rheinbayern und Baden nieder. Am 18. April 1849 lehnte der König die deutsche Kaiserkrone ab, welche ihm eine schwache Mehrheit der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt anbot, gab auch den Plan einer sogen. Union, durch welche in Deutschland ein engerer Bund zwischen P., den meisten Kleinstaaten in Nord- u. Mitteldeutschland nebst Baden entstanden wäre, auf, als Oesterreich, Bayern, Württemberg etc. es eher auf die Waffenentscheidung ankommen zu lassen erklärten und war bei der Reconstituirung des alten deutschen Bundes thätig. 1851 erweiterte P. den deutschen Zollverein durch die Einführung Hannovers u. die über sein einseitiges Vorgehen entstandenen Schwierigkeiten fanden eine sehr glückliche Lösung durch den Abschluß des Handelsvertrags mit Oesterreich (19. Februar 1853). Seitdem hat sich die Lage abermals verdüstert, sowohl durch die fortgesetzte Ungewißheit darüber, was aus der Staatsverfassung noch werden soll, und noch mehr durch die bis jetzt nicht klar gewordene Stellung P.s in der orientalischen Frage. Zu den Friedensconferenzen in Paris (begonnen Ende Februar 1856) wurde P. nicht zugelassen. (Ueber die Geschichte P.s vergl.: »Stenzel, Geschichte des preuß. Staats«, 5 Bde., Hamburg 1830 bis 1854; »Ranke, 9 Bücher preuß. Geschichte«, 3 Bde., Berlin 1847; »Stahr, die preuß. Revolution«, Berl. 1851; über das eigentliche P. »Voigt, Geschichte P.s bis zum Untergange der Herrschaft des deutschen Ordens«, 9 B, Königsberg 1827–39.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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