- Niederlande
Niederlande, Holland im gemeinen Leben, Königreich, ist von der Nordsee, Hannover, Rheinpreußen, Frankreich u. Belgien begränzt u. umfaßt mit Luxemburg (s. d.) 640 etc. QM., auf welchen in 138 Städten, 43 Marktflecken und 3300 Dörfern 3204000 Menschen leben, von denen 1832000 Protest., 1164000 Katholiken, 5000 Jansenisten, 58000 Juden sind. Das Land ist eine Tiefebene, die sich nur südl. zu Hügeln und in Luxemburg zu Bergen und Hochflächen erhebt, daher auch, diesen Theil ausgenommen, ohne Stein u. Metall. Schelde, Rhein, Maas und Ems mit zahlreichen Nebenflüssen durchströmen das Land, welches von einem Netze großer und kleiner Kanäle, wie kein anderer Flecken Erde, durchwoben wird. Die Nordsee bildet unter anderen Meerbusen den Dollart, die Zuydersee, durch den Einbruch von Sturmfluthen, den Biesbosch, durch einen Deichbruch der Maas entstanden. Das Land liegt zum Theil tiefer als das Meer und ist durch Dünen und Deiche geschützt, so daß das Quell- u. Regenwasser bei der Vollebbe durch Abzugskanäle oder selbst durch Wasserhebungsmaschinen fortgeschafft werden muß. Solche künstlich entwässerte Strecken heißen Polder u. haben trefflichen Acker- oder Wiesboden. Die niederdeutsche Haide erstreckt sich auch in die N., deßgleichen mangelt es nicht an Mooren u. Morästen. Das Klima ist unbeständig, trübe und feucht, für Fremde schwer anzugewöhnen. Die N. erzeugen Getreide für den Bedarf, die Wiesen u. Weiden nähren ausgezeichnetes Rindvieh, Friesland liefert schwere und ausdauernde Pferde, die Schafzucht beschränkt sich fast auf die Insel Texel. Wassergeflügel gibt es im Ueberfluß, deßgleichen Fische, Austern u. andere Muschelthiere, aus deren Gehäuse Kalk gebrannt wird. Die E. sind norddeutschen Stammes. Holländer, Friesen, Flamländer, Niederdeutsche, kräftig, ausdauernd, ernst, beharrlich u. verständig. Die Industrie liefert hauptsächlich die Bedürfnisse zur Ausrüstung der Seeschiffe, dann seines Leinen, Leder, Papier, Seife, Thonpfeifen. Farbwaaren; von großer Bedeutung sind die Tabaksfabriken und Zuckerraffinerien; daß die Holländer treffliche Ackerleute, Viehzüchter, Gemüse- und Blumengärtner sind, ist weltbekannt. Der Seehandel ist sehr beträchtlich und erstreckt sich über die ganze Erde; die Handelsmarine betrug 1853 bereits 2037 größere Schiffe; der Verkehr im Innern ist durch Kanäle, aus Backsteinen gemauerte Landstraßen und ein Eisenbahnnetz wie nirgends sonst erleichtert. Die während der französ. Kriege von 1794–1814 verlorenen Colonien sind durch die Erwerbungen im ind. Archipel mehr als ersetzt; das Colonialreich umfaßt: Java, die Gebiete auf Celebes, Borneo u. Sumatra, auf Timor u. Neuguinea, die Molukken; in Afrika mehre Factoreien auf der Goldküste; in Westindien: Curaçao, St. Eustache, Saba und einen Theil von St. Martin; auf dem amerikan. Festlande Surinam; im Ganzen über 32000 QM. mit mehr als 12 Mill. E. – Das Königreich ist in 11 Provinzen eingetheilt: Brabant, Geldern, Südholland, Nordholland, Seeland, Utrecht, Friesland, Oberyssel, Gröningen, Drenthe, das Herzogthum Limburg (das wie das für sich bestehende Großherzogthum Luxemburg zum deutschen Bunde gehört). Die Krone ist in dem Hause Oranien nach dem Rechte der Erstgeburt erblich, die Constitution aus dem Jahre 1848 beschränkt die Macht derselben durch die Generalstaaten in 2 Kammern. König ist seit dem 17. März 1849 Wilhelm III., geb. 181 7. Für die Volksbildung ist durch die 3 Universitäten: Leyden, Utrecht und Gröningen, durch 2 Athenäen, 68 Gymnasien, technische Schulen, Elementarschulen, durch Bibliotheken, Sammlungen etc. gut gesorgt. Die Landmacht beträgt nahezu 58000 Mann, die Seemacht bestand 1854 aus 91 Schiffen mit 2015 Kanonen u. 49 Kanonenbooten mit 174 Kanonen; das Marinecorps zählte 6180 Mann im activen Dienste. Das Budget von 1854 berechnete die Ausgaben auf 70703711, die Einnahmen auf 71833752 Gulden; die Staatsschuld betrug 18531200988330 Gulden, deren Verzinsung 35123122 Gulden erfordert; das cursirende Papiergeld macht 171/2 Mill. Gulden aus. Die N. gehörten um die Zeit von Chr. Geburt in ihrem südl. Theile Gallia Belgica zu Gallien, in ihrem nördl. (Bataver, Friesen) zu Germanien. Beide Theile kamen unter röm. Oberherrschaft, die Bataver jedoch in der mildesten Form, die Friesen nur vorübergehend; nach der Völkerwanderung wurden sie ein Theil des fränkischen Reichs und nach dessen Theilung des deutschen. Bei dem Zerfall der Kaisermacht bildeten sich eine ziemliche Anzahl weltlicher u. geistlicher Herrschaften u. freier Städte, in welche das alte Herzogthum Niederlothringen zerfiel (Brabant, Luxemburg, Limburg, Geldern, Flandern, Holland, Seeland, Hennegau, Artois, Namur, Zütphen, die Fürstbisthümer Utrecht und Lüttich, die friesischen Bünde). Nach verschiedenen Kämpfen fiel endlich im 14. Jahrh. fast alles niederländ. Gebiet an die Herzoge von Burgund, die es auch bis zum Untergange Karls des Kühnen 1477 besaßen. Es gehörte nur dem Namen nach zum deutschen Reiche; auch die Gewalt der Herzoge war durch die Städtefreiheiten und einen mächtigen Feudaladel sehr beschränkt und diese beiden hielten immer zusammen, sobald es sich um die Wahrung ihrer Rechte gegen den Herzog handelte. Max I. erwarb die N. durch seine Heirath mit Karls des Kühnen Tochter Maria; unter ihm u. seinem Sohne Philipp blieb das Verhältniß der N. dasselbe, Karl V. brach zwar 1540 den Trotz des mächtigen Gent u. verhinderte einen vollständigen Einbruch der Reformation, ließ aber die Rechte der N. ungekränkt und der Wohlstand des Landes erhielt durch seine Verbindung mit Spanien, welches eben sein großes Colonialreich in Amerika gründete, einen beispiellosen Aufschwung. Unter Philipp II. kam die Revolution zum förmlichen Ausbruch; Veranlassung dazu gab theilweise der König durch seine unleugbare, wenn auch verschleierte Absicht, die königl. Gewalt auf Kosten der Ständefreiheiten zu vergrößern, theils das Bestreben einiger Häupter des Adels, namentlich Oraniens, N. mit Hilfe der Reformation von Spanien loszureißen. Eine Bewegung des gemeinen Volks, welche zu einem förmlichen Sturme gegen Klöster und Kirchen ausartete, erschreckte aber den Adel so sehr, daß er den König unterstützte, als derselbe mit Waffengewalt einschritt. Nun sandte Philipp II. 1567 den Herzog von Alba mit einem auserlesenen Heere in die N., der die Rolle der Mäßigung so lange spielte, bis er die Parteihäupter sicher gemacht und seine Truppen so vertheilt hatte, daß jeder Widerstand unmöglich schien. Dann brach er los und führte ein förmliches Schreckenssystem ein. Wilhelm von Oranien jedoch war entflohen u. wurde die Seele des Widerstandes, der sich zuerst in den nördl. Provinzen erhob und nach anfänglichem vollständigen Mißlingen einen glücklichen Fortgang nahm, als sich die Niederländer hauptsächlich auf den Seekrieg warfen. Den Wendewaltiger, punkt des Kampfes bezeichnet die Belagerung von Leyden; die Spanier hatten dieselbe mit äußerster Anstrengung geführt, mußten sie aber aufheben, als die Gegner die Deiche durchstachen und eine Flotte zum Entsatze erschien (3. Octbr. 1573). Als vollends die span. Truppen revoltirten, empörten sich auch die südl. N. u. schlossen mit den nördl. den Vertrag zu Gent (1576). Die N. wären für Spanien verloren gewesen, allein die nördl. prot. Niederländer hielten den Genter Vertrag nicht, welcher der kath. Religion die gleiche Berechtigung mit der reformirten festsetzte, was die Katholiken so erbitterte, daß sie mit Spanien (1579) zu Mons Friede schlossen, in welchem Spanien ihre politischen Freiheiten anerkannte; dadurch wurde der Zustand Belgiens begründet, wie er bis 1794 dauerte. Dagegen schlossen 23. Januar 1579 die nördl. Provinzen (Holland, Seeland, Geldern, Zütphen, Friesland, Utrecht, die fries. Omellande; später traten Antwerpen, Ypern, Brügge u. Gent bei) die Utrechter Union, das Grundgesetz der Republik; Philipps II. Feldherr Alexander Farnese brachte übrigens die Union in die höchste Gefahr u. nur die Theilnahme Spaniens an den franz. Bürgerkriegen sowie die mißglückte große Unternehmung gegen England (unüberwindliche Flotte) rettete dieselbe. Der Sohn des 1584 durch Meuchelmord gefallenen Wilhelm von Oranien, Moritz, sein Nachfolger in der Statthalterwürde in Holland und Seeland, brachte durch die Ueberrumpelung Bredas (1590) eine Wendung zum Besseren u. als Alexander Farnese 1590 gestorben war, errang derselbe ein so entscheidendes Uebergewicht, daß Spanien froh war, durch einen Vertrag (Waffenstillstand von 1609 bis 21) die südl. Provinzen sich zu erhalten. Die Utrechter Union hatte durch ihren siegreichen Kampf nicht nur ihre politische Freiheit errungen, sondern sie stand jetzt auch als die erste See- und Handelsmacht da. In der Union selbst war das Uebergewicht auf Seite der großen Städte, da der größere Theil des Adels seit Albas Zeit zu Grunde gegangen war; in den Städten selbst saß eine bürgerliche Aristokratie am Ruder, die sich durch Reichthum, Bildung und Charakterstärke auszeichnete. Die einzelnen Provinzen ordneten ihre Angelegenheiten in Provinzialversammlungen mit einem selbstgewählten Präsidenten (Pensionär); die Bundesregierung bestand aus den Generalstaaten, welche aus den auf Lebenszeit ernannten Deputirten der Provinzialstände gebildet wurden; die Macht derselben war aber sehr beschränkt und bei wichtigeren Abstimmungen mußten sie sich zuerst von ihren Committenten instruiren lassen. Daneben bestand die Macht des Generalstatthalters, der Nachkommen Wilhelms von Oranien; die städtische Aristokratie wollte demselben nur die Leitung aller auf den Krieg bezüglicher Angelegenheiten eingeräumt wissen, während er dieselbe auf alle politischen Angelegenheiten auszudehnen bestrebt war; auf seiner Seite standen der Rest des Adels, das gemeine Volk, meistens auch die Land- und Seemacht, u. um diese Frage drehten sich die Parteikämpfe bis zum Untergange der Republik. Die nach der Constituirung der Union eroberten Lande wurden nicht in die politische Berechtigung der Union aufgenommen und von dem Generalstatthalter regiert (Generalitätslande). Während Frankreich durch die Hugenottenkriege zerrüttet, Deutschland durch den 30 jährigen Krieg fast vernichtet, England durch langen Bürgerkrieg in seiner Entwicklung aufgehalten wurde, Spanien und Portugal durch das herrschende Regierungssystem immer tiefer herunterkamen, so bemächtigten sich die N. nicht nur des gesammten ostind. Handels und der portugies. Colonien, sondern sie bekamen auch den ganzen Zwischenhandel in ihre Gewalt, z.B. den Kornhandel aus den Ostseeländern, und wurden der reichste Staat Europas, dessen Bürger alle größeren Geldoperationen vermittelten. Der innere Friede wurde durch die Gomaristen und Arminianer (s. d.) kurze Zeit gestört, doch gelang es Moritz von Oranien nicht, die religiösen Streitigkeiten bis zum Sturze der Verfassung auszubeuten. Den 1621 mit Spanien wieder ausgebrochenen Krieg beendigte 1648 der westfälische Frieden; zu Lande ließen die Holländer die deutschen Protestanten fechten, zur See vernichteten sie aber alle Flotten, welche Spanien aufbrachte; sie eroberten selbst Brasilien, sogen es jedoch durch ihr Monopolsystem (das sie in allen Colonien einführten) dergestalt aus, daß sich die Creolen empörten und die Holländer nach einem hartnäckigen Kampfe verjagten; so blieb diesen nur die ausschließliche Herrschaft in Ostindien. Die Parteikämpfe der Republikaner und Oranier schien das ewige Edict von 1668 zu beendigen, welches die Würden eines Generalcapitäns und Statthalters als für immer unvereinbar mit einander erklärte; allein der Seekrieg mit England (1652, 1665–1667) endigte im Ganzen unglücklich, die Intervention gegen Ludwigs XIV. Absichten auf die span. N. (1668 durch einen Bund mit Schweden und England) führte 1672 einen Angriff dieses Monarchen, des Bischofs von Münster, des Erzbischofs von Köln und Englands herbei; die republik. Partei hatte die Landmacht vernachlässigt, sie war vollständig überrascht u. bis auf Amsterdam fielen die Festungen fast ohne Gegenwehr. Ein Volksaufruhr gegen die Häupter der republik. Partei war die Folge; die Gebrüder de Witt wurden im Haag ermordet, der Prinz von Oranien (Wilhelm III.) als Erbstatthalter eingesetzt, die Franzosen durch eine Ueberschwemmung des Landes vertrieben. Fortan war die Macht des Erbstatthalters eine fast unbeschränkte; gegen Ludwig XIV. strengten die N. seitdem ihre ganze Kraft an und unterstützten dessen Feinde in allen Kriegen, besonders in dem span. Erbfolgekriege; sie gewannen jedoch im Frieden nichts und hatten durch Subsidienzahlung eine ungeheure Schuldenlast contrahirt, die sich durch spätere Kriege noch mehr häufte, so daß die Besteurung eine außerordentlich hohe wurde. England und Frankreich überflügelten bei ihren weitaus größeren inneren Hilfsquellen die Republik als Seemacht, doch blieb dieselbe dis 1789 die 3. in Europa, u. die aus der Blütezeit herstammenden Kapitalien sicherten den holländ. Bankiers unbedingt den ersten Rang. Nach Wilhelms III. Tod, 1702, wurde die Verfassung von 1672 wieder hergestellt, allein 1747 abermals durch einen Aufstand des gemeinen Volks gestürzt, weil die Leiter des Staats sich in den österr. Erbfolgekrieg eingelassen hatten und die Franzosen wieder erobernd vordrangen. Das seitdem herrschende Haus Oranien schloß sich der engl. Politik an und dieses machte zum Danke auch gegen die N. jenes Seerecht geltend, das zur Kriegszeit den Handel der Neutralen vernichten und England die unbeschränkte Beherrschung der Meere verschaffen mußte. Die Erbitterung des Volks verlangte Anschluß an die bewaffnete Neutralität, welche Dänemark, Schweden u. Rußland gegen Englands Uebermuth aufgestellt hatten, aber Katharina II. wies Holland zurück, England erklärte diesem unvermuthet schnell den Krieg und nahm deßwegen eine Menge holländ. Schiffe weg. die noch ohne Schutz segelten. Den 5. Aug. 1781 bestand zwar die holl. Flotte gegen eine überlegene engl. bei der Doggersbank einen glorreichen Kampf unter Admiral Zoutman, allein die oranische Partei stand auf Seite Englands und vereitelte jede energische Anstrengung. Die Erbitterung der Parteien führte 1786 zum Bürgerkriege; eine Beleidigung der Prinzessin von Oranien, einer Nichte Friedrichs II., gab den Vorwand zur Einmischung Preußens; 1787 rückte ein preuß. Heer ein, die Republikaner leisteten wenig Widerstand, entflohen theilweise und die Zurückbleibenden hatten eine heftige Verfolgung auszustehen. Die Bedeutung der Republikaner war vernichtet, aber Holland war jetzt kaum mehr etwas anderes als ein engl. Schutzstaat. Daher nahm es nach dem Ausbruche der Revolution an dem Kriege gegen Frankreich Theil, aber 1794 eroberte Pichegru das ganze Land; die Generalstaaten verwandelten sich in eine demokratische batavische Republik, in der That aber herrschte die Militärgewalt ausschließlich. Je nachdem Frankreich seine Verfassung änderte, mußte es auch in Holland geschehen; nach dem 18. Brumaire wurde sie aristokratisch, 1806 monarchisch unter König Louis Bonaparte. Die Colonien waren schon seit 1795 fast sämmtlich an die Engländer verloren worden, die holländ. Flotte wurde von Duncan bei St. Egmont geschlagen, eine andere ergab sich den Engländern, um für Oranien verwendet zu werden; auch Truppen in den Colonien thaten so, täuschten sich aber in den Folgen sehr, denn die Engländer nahmen Schiffe u. Colonien nicht für Oranien, sondern für sich in Besitz. Der Friede von Amiens gab eine kurze Rast; in dem neuen Kriege wurde Holland abermals schonungslos für Frankreich benutzt, immer größere Opfer verlangt und die letzte Lebensquelle durch das Continentalsystem verstopft. Louis Bonaparte dankte deßwegen 1810 selbst ab und Napoleon vereinigte nun Holland mit Frankreich, hob alle niederländ. Einrichtungen auf, erschöpfte die Bevölkerung durch Conscriptionen, das Vermögen durch Steuern und verminderte endlich die Nationalschuld durch Dekret auf ein Drittheil (d.h. befahl den Staatsgläubigern, den vermöglichen Holländern, nur 1/3 der schuldigen Zinse zu bezahlen). Kein Wunder, daß nach der Schlacht bei Leipzig der Einmarsch eines preuß. Corps unter Bülow genügte, um der verhaßten Franzosenherrschaft ein Ende zu machen; am 30. Nov. 1813 kehrte der Prinz von Oranien zurück und wurde von der ganzen Nation als König Wilhelm I. freudig begrüßt. Holland erhielt seine Colonien mit Ausnahme des Caps, Ceylons, Demerarys, Essequibos u. Berbices zurück, der Wiener Kongreß verband mit ihm Belgien u. das Gebiet des Bisthums Lüttich zum Königreich der vereinigten Niederlande; außerdem erhielt der König das Großherzogthum Luxemburg, das zum deutschen Bunde gehörte. Das neue Königreich war in jeder Beziehung einer der schönsten Staaten Europas u. blühte auch schnell empor; indessen zeigte sich der Gegensatz zwischen dem Norden u. Süden schon bei der Annahme der Verfassung, 24. Aug. 1815, welche nur durch verschiedene Manipulationen zu Stande gebracht wurde. Belgien war in derselben in nationaler Beziehung verkürzt, es hatte weniger Repräsentanten als ihm zukamen, die holländ. Sprache wurde zur officiellen erklärt; die Holländer, sonst gegen allen Glauben tolerant, zeigten nur gegen den kathol. den alten calvinistischen Haß und die Regierung erlaubte sich mehrfache Eingriffe in die Rechte der Katholiken; überdies wurden die höchsten Beamtungen fast ausschließlich mit Holländern besetzt. Die belgische Opposition wurzelte demnach in einem natürlichen und tiefgründigen Boden u. ihr gesellte sich die auf den liberalen Prinzipien der Neuzeit beruhende bei, so daß, als die franz. Julirevolution von 1830 gelungen war, die belgische schon im Sept. nachfolgen konnte, wozu die Haltung Frankreichs und Englands das ihrige beitrug. Die Holländer rafften sich zwar schnell auf und schlugen im Sommer 1831 die belgische Armee, allein vor der Intervention Frankreichs zogen sie sich zurück und sahen der Constituirung des Königreichs Belgien ruhig zu (s. Belgien). Der König hielt seine Armee auf dem Kriegsfuße, eine Wendung der europ. Verhältnisse abwartend, wodurch die Staatsschuld um 200 Mill. Gulden zunahm; andere Maßregeln der Regierung steigerten die Opposition immer mehr. die Regierung mußte endlich die Artikel der Londoner Conferenz annehmen und als 1839 dessenungeachtet das Budget um 10 Mill. erhöht und ein Anlehen von 56 Mill. für die Colonien vorgelegt wurde, stieg die Aufregung in den Kammern u. im Lande auf den höchsten Grad. Da entsagte den 7. Oct. 1840 der König der Krone und lebte seitdem in Berlin; sein Nachfolger Wilhelm II. willigte in einige Aenderungen der Verfassung u. ein freiwilliges Anlehen von 115 Mill. ordnete den finanziellen Zustand wieder; seitdem wurden auch mehre vortheilhafte Handelsverträge mit dem Auslande geschlossen und der Colonialbesitz mit Glück erweitert. Die Folgen des Jahres 1848 blieben für Holland ebenfalls nicht aus; König Wilhelm III. (seit 17. März 1849) verminderte seine Civilliste freiwillig und führte durch das Ministerium Thorbecke eine Anzahl sehr wichtiger Reformen durch. Als der Papst 1853 den holländ. Katholiken statt päpstlicher Vicarien Bischöfe vorsetzte, wodurch weiter nichts geschah, als daß die kath. Kirchenordnung wiederhergestellt wurde, so erhob sich ein ge- jedoch zum Theil künstlich von einer anderen Seite hervorgerufener Sturm, welcher zwar das Ministerium Thorbecke stürzte, aber weder eine politische Aenderung brachte, noch die wiederhergestellten Bischofssitze umwarf.
http://www.zeno.org/Herder-1854.