- Universität
Universität, lat. universitas literarum, Hochschule, nennt man seit dem 14. Jahrh. (früher bezeichnete universitas die einzelne Facultät oder die privilegirte Corporation von Lehrern u. Studierenden) eine solche höhere Bildungsanstalt, in welcher die Wissenschaft um ihrer selbst willen in ihrem organischen Zusammenhange vorgetragen werden soll. Sie soll das Gesammtwissen der Zeit in seinem wissenschaftlich en Zusammenhange repräsentiren u. auf das jüngere Geschlecht fortpflanzen, woraus folgt, daß die U. mit der modernen Akademie (s. Akademie) den Hauptzweck: Erweiterung des Gebietes der Wissenschaften und Eröffnung neuer Bahnen für dieselbe, gemeinsam hat, u. daß die sog. Brotstudien nur ein Nebenzweck der U. sein sollen. Im grauen Alterthum war höhere Geistesbildung das Eigenthum besonderer Genossenschaften (Kasten der Inder, Aegypter, Chaldäer u.s.f.), bei den Hellenen dagegen wurde sie Vorbedingung des Eintrittes ins öffentliche Leben für jeden Bürger; im Gymnasium holte der Jüngling Uebung der Leibeskraft, im Pädagogium die Anfänge geistiger Bildung (Elementarunterricht, Grammatik, Lectüre der Dichter, später Geographie, Arithmetik, Geometrie u. Zeichnungskunst), frühe begann der Unterricht in der Musik, Sophisten u. Philosophen unterrichteten in der Rhetorik, Politik und Philosophie, um ausgezeichnete Lehrer sammelten sich viele Schüler, etwa seit 400 v. Chr. wurde Honorar bezahlt (Protagoras). Hauptsitz der griech. Bildung wurde und blieb viele Jahrh. hindurch Athen. Die alten Römer erhielten ihre Bildung zumeist durch griech. Lehrer (oft genug durch gründlich verkommene Sklaven), der Staat widmete den Anstalten in Athen, Byzanz, Rhodus, Alexandrien u.s.f. seine Aufmerksamkeit, aber erst Kaiser Vespasian rief öffentliche Schulen ins Leben und besoldete öffentliche Lehrer der Grammatik u. Rhetorik (professores; Quintilian) Hadrian stiftete auf dem Capitol das Athenäum, Anton in der Fromme stellte Lehrer der Philosophie an, Konstantin d. Gr. errichtete in Byzanz ein Capitol u. ein Auditorium von 31 Professoren. Ptolemäus Philadelphus gründete die erste Akademie der Künste und Wissenschaften, nämlich das Museum zu Alexandrien. Bis in die Zeiten der Völkerwanderung blieben Athen, Rom, Alexandrien und Konstantinopel die Hauptstätten der Gelehrsamkeit, im Abendlande blühten höhere Bildungsanstalten auf zu Massilia (Marseille), Lugdunum (Lyon), Augustodunum (Autun), Augusta Trevirorum (Trier) und anderorts. Daß die Khalifen der Araber für die Ausbildung ihrer Unterthanen sorgten, zeigten die Rechtsschule zu Berytus, die Studien zu Nisibis, die christlichen Anstalten zu Antiochien und Edessa; zu Bagdad wurden Grammatik, Poesie, Philosophie, Naturwissenschaften, Astronomie, Mathematik, Rechts- und Heilkunde eifrig betrieben, Aegypten und Spanien hatten ihre Gelehrtenschulen, der Ommajade Abderrhaman u. Harun al Raschid sind als Pfleger der Wissenschaften berühmt. Gutes leistete auch das jüdische Schulwesen (s. d.), doch weit segensreicher und in weiten Kreisen hatten die der Ungunst der Zeit erlegenen christlichen Katechetenschulen (s. Katechetenschule) gewirkt. Nach dem Untergange der alten Welt sorgte die Kirche für die höhere Ausbildung der Barbaren der Völkerwanderung. Geistliche u. Klöster waren die Träger und Verbreiter der Wissenschaft (Cassiodorus). Karl d. Gr. leistete im Bunde mit der Kirche Unsterbliches für das Schul- u. höhere Unterrichtswesen; seine Kaiserschulen und sogar seine schola palatii in Paris (Alcuin) kamen zwar unter den schwachen Nachfolgern in Verfall, aber zahlreiche Dom- u. Klosterschulen (s. d.) blühten auf u. fort, daneben entstanden Rechtsschulen zu Clermont, Lyon, Toul, eine weltberühmte Arzneischule zu Salerno (1075?), und aus diesen Elementen erwuchsen die U.en. Die ältesten derselben sind Bologna und Paris. Erstere bestand zweifelsohne schon lange vor Kaiser Friedrichs I. Zeit, erhielt aber durch diesen besondere Vorrechte 1158; sie war zuerst Rechtsschule (Irnerius, Werner), weßhalb auch die Rechtslehrer Vorrechte bei Ausübung der eigenen Gerichtsbarkeit behielten. Der Grundzug ihrer Verfassung war demokra- tisch, der Rector (magnificus) wurde von Professoren u. Studenten u. zwar aus beiden erwählt, die Scholaren bildeten wieder unter sich Corporationen je nach der Heimath (Landsmannschaften, nationes; es gab deren in Bologna 17 Citramontaner und 18 Ultramontaner, die Deutschen bekamen Vorrechte) u. später 4, dann 5 je nach den Wissenschaftskreisen (collegia, facultates. Kirchenrecht, Civilrecht, Heilkunde, Philosophie und Theologie); außerdem kleinere Vereine der Studenten mit gemeinschaftlicher Kasse zur Unterstützung dürftiger Scholaren (bursa, massarius, bidellus). Die Doctorwürde (doctores legentes et non legentes) gab neben dem Lehramt obrigkeitliche Gewalt, die übrigen Lehrer hießen magistri, baccalaurei, licentiati mit mehr od. weniger beschränkten Rechten des Vortrags. Streitigkeiten der Scholaren veranlaßten die Gründung von Rechts schulen zu Vicenza (1204–1209) u. Padua (1222). Die U. Paris entstand aus der Vereinigung ausgezeichneter Scholastiker (Abälard) und war bereits 1140 philosophische Hochschule, 1200 privilegirte U. Hier hatten die Theologen den Vorrang, der Grundzug der Verfassung war aristokratisch: die franz., alemann. od. engl., später deutsche, picard. u. normänn. Nation einigte sich in der facultas artium, welche den Rector wählte, später kamen die theologische, juristische und medicinische Facultät hinzu. Auf die Leitung des Ganzen übten die Scholaren keinen Einfluß, die Corporation der Lehrer hatte dieselbe. Die Collegien waren anfangs Gründungen zur Unterstützung armer Studenten, das älteste derselben, die Sorbonne (1252), gestaltete sich allmälig zu einer weltberühmten theologischen Akademie, die anderen wurden wie später in England Pensionsanstalten für Wohlhabende. Die theologische Facultät zerfiel in die 3 Ordnungen der magistri (doctores, Professoren), licentiati (mit den Rechten eines akademischen Lehrers und Anwartschaft auf die Doctorwürde) und baccalari mit 3 Graden. Dazu pedelli communes, für die Landsmannschaften pedelli speciales. Bologna wurde im Ganzen das Muster für ital., französ. u. span. U.en, Paris das für die engl. u. deutschen. Die U. scorporationen hatten dem Geiste des Mittelalters entsprechend einen durchaus kirchlichen Charakter, sie wurden mit Kirchengut ausgestattet, von kirchlich gesinnten Personen mit Stiftungen bedacht, hauptsächlich Geistliche waren die Lehrer, der Papst bis ins 16. Jahrh. (1507 bestätigte Julius II. die 1502 eingeweihte und mit Kirchengut reichlich bedachte U. Wittenberg) der oberste Schutzherr, welcher die Gründung bestätigte, fast alle paar Jahre die Privilegien der U.en erneuerte oder mehrte, dieselben visitiren und reformiren ließ. Für die später begründeten prot. U.en wurde natürlich nur die kaiserl. und seit 1806 nur die landesherrl. Bestätigung eingeholt, der Kaiser und seit 1806 lediglich der Landesherr oberster Schutzherr. Die deutschen U.en unterscheiden sich von den ähnlichen Anstalten anderer Länder, vornämlich Frankreichs u. Englands: a) hinsichtlich der Lehrgegenstände: die Wissenschaft wird mindestens auf den größeren in ihrem ganzen Umfange gelehrt, und für einen u. denselben Zweig sind mehre Lehrer als Vertreter der verschiedenen Meinungen vorhanden; b) der Vortrag ist der akroamatische (s. akroamatisch), und c) der deutsche Student genießt noch immer einen Rest der früheren sog. »akademischen Freiheit« d.h. er lebt mehr oder minder ungebunden hinsichtlich seines Privatfleißes u. der Trink- und Fechtgesellschaften u.s.f., denen er angehören will. 1790 zählte das deutsche Reich 38 U.en, unter den seitdem aufgehobenen erwähnen wir nur Dillingen, 1554–1804, Erfurt 1392–1810, Helmstädt 1575–1809, Ingolstadt 1472–1802 (nach Landshut verlegt), Köln 1385–1797, Mainz 1477–1798, Olmütz 1581–1778, dann wieder 1827–1856, Salzburg 1623–1810, Trier 1451–1797. Die gegenwärtig bestehenden U.en sind 1) im Kaiserthum Oesterreich: Prag, die älteste deutsche U., von Kaiser Karl IV. 1348 gestiftet, durch Ferdinand II. u. III. verändert; Wien, gest. 1365 von Erzherzog Rudolf IV., wieder hergestellt unter Maria Theresia, eine Reorganisation erfolgte seit 1850; Gratz 1586, erneuert 1827; dann Innsbr. 1672–1810, wiederhergestellt 1826. Die U.en der nicht zum deutschen Bunde gehörigen österr. Länder sind: Padua (1228), Pavia (1361), Krakau (1343), Pesth (1465) u. Lemberg (1784, neu hergestellt 1817). Nur Wien, Prag, Padua, Pesth und Krakau haben 4 vollständige Facultäten, dagegen besitzen Padua und Pavia eine 5. sog. mathematische Facultät für Feldmesser, Ingenieurs u. Baumeister. 2) Im Königreich Preußen: Greifswalde, gest. 1456, wieder hergestellt 1539; Halle, gest. 1694 von Kurfürst Friedrich III., 1817 mit Wittenberg vereinigt; Breslau, 1702 von Kaiser Leopold I. mit anfangs nur 2 Facultäten gegründet, 1806 mit Frankfurt a. d. O. vereinigt; Berlin, gest. 1810 von König Friedrich Wilhelm III., gegenwärtig wohl die blühendste von allen; Bonn (1777 Ritterakademie, 1818 durch den Aachener Congreß zur königl. preuß. Rhein-U. erhoben, 5 Facultäten), und Münster 1631 bis 1818, wo jetzt eine vollständige kath. U. eingerichtet werden soll. Außerhalb des deutschen Bundes hat Preußen die U. Königsberg, gest. 1544. 3) Bayern besitzt 3 U.en: Würzburg, gest. 1403 vom Bischof Egloffstein, neu gegründet 1582, neue Verfassung durch König Max Joseph 1803–4; Erlangen (1743 eingeweiht u. durch Max Joseph erweitert); München, entstanden aus der 1802 gestifteten u. schon 1826 aufgehobenen U. Landshut. 4) Hannover: Göttingen, gest. 1734–37 von König Georg II. 5) Württemberg: Tübingen, gest. 1477 von Herzog Eberhard im Barte, neue Verfassung 1817, theol. Seminarien für Katholiken u. Protestanten. 6) Sachsen: Leipzig, entstanden 1409 durch den Auszug von 5000 Lehrern u. Studenten aus Prag. 7) Baden: Heidelberg (gest. 1386 vom Pfalzgrafen Ruprecht, eingeweiht 1386, abermals 1652, vermehrt durch die Cameralschule von Kaiserslautern 1784, Erweiterung durch den Markgrafen Karl Friedrich 1803) und Freiburg i. B. (gest. 1456. reformirt durch den Großherzog Ludwig). 8) Kurhessen: Marburg, gest. 1527 vom Landgrafen Philipp, zeitweise mit Gießen vereinigt (1529–1650). 9) Hessen-Darmstadt: Gießen, 1607 von Herzog Ludwig V. gestiftet. 10) Sachsen-Weimar: Jena, gest. 1548, vom Kaiser bestätigt 1558, jetzt vereinigte Landes-U. der sächs. Herzogthümer. 11) Mecklenburg: Rostock, gest. 1419, 1487–92 nach Lübeck verlegt; endlich 12) Holstein: Kiel 1665. – Die Schweiz hat schwach besuchte U.en in Basel (1459), Zürich (eröffnet 1832) und Bern (1834), dazu Akademien in Genf u. Lausanne, u. ein 1855 in Zürich eröffnetes eidgenöss. Polytechnicum. In Italien gibt es außer den genannten österr. 4 U.en in Sardinien: Turin (1412), Cagliari (1720), Sassari (1760) und Genua (1812); außerdem Akademien zu Chambery und Nizza; Parma (gest. 1422, seit 1832 in 2 sog. Oberstudiendirectionen mit einzelnen Facultäten in Parma u. Piacenza vertheilt), Modena (1832 facultätenweise verlegt); 3 in Toscana: Pisa (1338), Siena (1351) und Florenz (1438); 7 im Kirchenstaate: Bologna, Rom (1248), Ferrara (1264), Perugia (1307), Macerata (1548), Fermo (1589) und Camerino (1727); endlich 4 im Königreich bei der Sicilien: Neapel (1224), Catania (1445), Palermo (1447 oder 1394?) u. Messina (1838), dazu Secundär-U.en zu Salerno, Bari, Catanzaro u. Aquila. Die U.en Hollands sind: Leyden (1575), Gröningen (1614) u. Utrecht (1636), dazu 3 Athenäen in Amsterdam, Franeker und Deventer, von den U.en nur dadurch unterschieden, daß sie keine Doctoren creiren dürfen. In Frankreich ist das Schulwesen gerade so centralisirt, wie die Justiz- und Administrativverwaltung; der université zu Paris, gleichsam der obersten Schulbehörde mit einem Großmeister an der Spitze, sind mit Ausnahme der Kunst-, Ingenieurs-, Militär-, Navigations-, Veterinär- und Bergwerksschulen alle höheren Unterrichtsanstalten untergeben, zunächst 27 (jetzt 86, mit Algerien 87) Akademien, unter denen unmittelbar die Facultäten (facultés, Specialschulen für einzelne Wissenschaften) stehen. Diese facultés wirken vereinzelt, selbst wenn alle (wie zu Paris) oder mehre (wie zu Straßburg und Toulouse) an einem Orte sich befinden. Solcher U. end.h. isolirter Facultäten hat man 14, nämlich: Paris, Toulouse (1233), Montpellier (1289), Lyon (1300), Air (1409), Poitiers (1411), Caen (1433). Bordeaux (1447), Besançon (1564), Straßburg (1638), Dijon (1722), Montauban (1800), Rouen (1800) und Rennes (1801). Spanien zählte ehemals 14 durch die Geistlichkeit sehr blühende U.en (6 wurden in Secundärschulen umgewandelt), gegenwärtig 8, von denen nur einige in allen Facultäten unterrichten dürfen u. die insgesammt durch die Ereignisse seit 1833 arm gemacht wurden u. mehr od. minder in Zerfall geriethen: Valladolid (1346), Valencia (1410), Saragossa (1474), Sevilla (1504), St. Jago (1532), Granada (1531), Oviedo (1580 u. Salamanca (1222), dazu in Portugal die Landes-U. Coimbra (1297 in Lissabon gestiftet, 1308 nach Coimbra verlegt). Eigenthümlich bewahrten und entwickelten die U.en Großbritanniens den ursprünglichen corporativen Charakter der U., nur die freie U. zu London (frei genannt, insofern sich die Mitglieder nicht zu der engl. Staatskirche zu bekennen brauchen) u. etwa die zu Edinburgh haben in manchem den Zuschnitt der U.en Deutschlands; es gibt deren in England 3: Oxford (1249) u. Cambridge (1279) mit ungeheuren Einkünsten, dann London (1828) und ihr 1831 aufgestellter hochkirchlicher Gegensatz, das Kings-College, die irische in Dublin (1591) ist ebenfalls ungeheuer reich, die 4 schottischen befinden sich in St. Andrews (1411), Glasgow (1454), Aberdeen (1471) u. in Edinburgh (1581). Dänemark hat eine U. zu Kopenhagen seit 1479, Schweden u. Norwegen solche zu Upsala (1476), Lund (1668) und Christiania (1811), das ungeheure Rußland dagegen nur 7 (Wilna, gest. 1803, u. Warschau, gest. 1816, wurden 1832 aufgehoben), nämlich: Dorpat (1632), Moskau (1705), Kasan (1803), Charkow (1803), St. Petersburg (1819), Helsingfors (1827 von Abo hieher verlegt) u. Kiew (1833), dazu eine berühmte jüdische U. zu Brzesk in Lithauen und eine medicinisch-chirurgische Akademie zu Wilna. In Griechenland wurde die 1837 zu Athen errichtete Otto-U. fast ganz nach deutscher Art eingerichtet, in der europ. Türkei rief man 1846 eine U. zu Konstantinopel ins Dasein. In Asien, der Wiege der älteren Cultur, stehen Wissenschaften und Künste gegenwärtig vergleichweise auf einer sehr niedern Stufe; für brittisch Indien besteht zu Hertford bei London eine U., welche gleich denen in Calcutta und Madras vorzugsweise bestimmt ist, Civilbeamte der Compagnie zu bilden; neben den Braminenschulen gibt es Colleges zu Calcutta, Dakka, Benares, Delhi u.s.f. In Aegypten hatten Mehemed Ali's Versuche, höhere Schulen zu errichten, keinen sonderlichen Erfolg. In Amerika nennt man U. oder Akademie alle höhern Schulen; es gab deren 1849 in den Vereinigten Staaten 208, nämlich 118 Colleges, 42 theologische, 36 medicinische und 12 Rechtsschulen; die U.en im früheren span. Amerika (Mexiko, San Jago, Buenosayres) hatten nie große Bedeutung und kamen durch die unaufhörlichen Unruhen unserer Zeit noch mehr herab; in Brasilien bestehen neben der jungen U. in Rio Janeiro noch einige Colleges. Australien hat seit 1852 eine U. zu Sidney. – Was die innere Organisation der heutigen U.en in Deutschland betrifft, so überwacht in Folge der Carlsbader Beschlüsse von 1819 ein Curator, ein vom Staate hiefür aufgestellter Beamter, die politische Richtung der Lehrer u. Schüler, die Stelle des früher sehr mächtigen und angesehenen Rectors ist fast überall dem Landesherrn übertragen; für ihn präsidirt ein Prorector dem Senate und leitet mit diesem die U.sangelegenheiten, er wie die Senatoren werden von der Regierung gewählt oder doch bestätigt. Das Kanzleramt, früher von einem päpstlich bestätigten Professor der Theologie begleitet, ist fast überall verschwunden; der Kanzler gab Erlaubniß zu Vorlesungen u. beaufsichtigte die Gerichtsbarkeit; die Decane als Vertreter der einzelnen Facultät bestehen noch, ebenso der Syndicus (U.sanwalt), U.samtmann mit seinen Pedellen für Ausübung der Justiz und Polizei unter den Studenten und der Administrator (Verwalter für das Grundeigenthum u. die Einkünfte der U.). Ueber die akademischen Würden s. Doctor, Baccalaureus; die Würde des Licentiaten gab das Recht zu Vorlesungen und ist der Uebergang zur Doctorwürde. Die Lehrer sind ordentliche und außerordentliche Professoren mit Gehalt (professor ordinarius, extraordinarius), Privatdocenten (doctores legentes) ohne bestimmtes Einkommen, ferner Lectoren, Fechtmeister (Haufuchs) u.a.m.; die Aemter des Bibliothekars, Prosectors, Custos u. dgl. sind gewöhnlich mit Lehrämtern verbunden. Die Vorlesungen sind öffentliche (publica), Privatcollegien (privata) u. Privatissima (für einen od. mehre Schüler, die besonders bezahlen). Hinsichtlich des Unterrichts kam im 14. Jahrh. in Paris unter den Artisten die Dictirmethode zuerst auf und bald so in Schwang, daß z.B. in Padua die Studenten nur ihre Bedienten (Stiefelfüchse) zum Nachschreiben schickten u. der hohe Rath von Venedig 20 Ducaten Strafe darauf setzte. Die vornehmsten akademischen Feste u. Feierlichkeiten sind der Geburts- oder Namenstag des Landesherrn, der Stiftungstag (Jubiläum), Aufzüge bei der Rectorswahl, Leichenbegängnissen, Redeacte (Gedächtnißreden, öffentliche Disputationen bei Doctorpromotionen: pro gradu, pro venia legendi, pro loco) u.a.m. – Vgl. Schwarz: Erziehungslehre, die Hodegetiken von Scheidler u. Gockel, dann besonders Staudenmaier: Ueber das Wesen der U. u. den inneren Organismus der U.swissenschaften, Freiburg im Breisgau 1839.
http://www.zeno.org/Herder-1854.