- Tridentinisches Concil
Tridentinisches Concil, das letzte der bis heute abgehaltenen allgemeinen Concilien, aber auch eines der wichtigsten u. einzig dastehend, weil nie auf einer Synode so vieles zugleich entwickelt und entschieden wurde, alle Gegensätze innerhalb der Kirche in Trident vertreten waren, einzig durch die große Zahl ausgezeichneter Mitglieder sowie durch die Menge äußerer Schwierigkeiten u. Verwicklungen, welche sich seinem Beginne, Fortgang und glücklichen Schluß entgegenstellten. Bekanntlich war es Luther, der gleich anfangs seine Streitigkeiten durch ein allgemeines Concil entschieden wissen wollte u. es drangen seit 1522 der Kaiser u. die Reichsstände auf ein solches. Allein Kriegsereignisse u. die unselige Abhängigkeit des Oberhirten der Kirche vom Wechsel der politischen Parteiungen und Ereignisse, das rasche Hinwegsterben Adrians VI. (1522 bis 1523), die gerechte Besorgniß Clemens VII. (1523–1534) vor Erneuerung der Auftritte des Baselerconciles (s. d.), die Frage nach dem Orte der Versammlung und die Versuche, die Protestanten zu bewegen, ihre Sache ernstlich der Entscheidung eines Conciles anheimzustellen, verzögerten die Eröffnung des T. C. bis zum 13. Dez. 1515. Nachdem es die Energie Pauls III. soweit gebracht hatte, antwortete auf die Einladungen an die Protestanten zur Theilnahme Luther mit dem Pamphlet »das Papstthum vom Teufel gestiftet«, die protestantischen Reichsstände auf dem Regensburger Reichstag mit förmlicher Weigerung, u. Melanchthon im Auftrage des Kurfürsten von Sachsen mit der Auseinandersetzung folgender Gründe: »Der Papst könne gar kein Concil berufen; lediglich die Bibel sei als Grundlage bei Feststellung der neuen Lehre anzunehmen; die protestantische Lehre sei durch das Urtheil von vielen Tausenden bereits gerechtfertiget; zu Trient tage schon deßhalb kein allgemeines Concil, weil man keine Laien beigezogen habe; der wälsche Ort sei überhaupt verdächtig, endlich verständen die daselbst versammelten Bischöfe von der Lehre Christi ungefähr so viel als die Esel, auf denen sie ritten!« – Bei der Eröffnung des Conciles durch die päpstlichen Legaten del Monte, Cervino u. Polo waren außer diesen nur 4 Erzbischöfe, 20 Bischöfe, 5 Ordensgenerale sowie die Gesandten des Kaisers und des römischen Königs anwesend, am Schlusse aber im Dezember 1563 wurden die Verhandlungen und Beschlüsse außer von den Gesandten der Fürsten unterschrieben von 4 päpstlichen Legaten, 3 Patriarchen, 25 Erzbischöfen, 168 Bischöfen, 7 Ordensgeneralen u. ebensoviel Aebten u. waren außerdem noch 39 Geschäftsträger von Prälaten anwesend. Die im Verhältniß zur langen Dauer des T. C. sehr geringe Anzahl von 25 Sitzungen erklärt sich einerseits aus den Störungen u. Unterbrechungen, welche durch äußere Ereignisse herbeigeführt wurden, anderseits aus der Gründlichkeit u. Sorgfalt, womit alle Gegenstände der Berathung zuerst von Ausschüssen durchgearbeitet und hierauf von einer aus Bischöfen zusammengesetzten General-Congregation in die Form von Decreten gebracht wurden. In Trient stimmte man nicht wie auf dem Konstanzerconcil nach Nationen, sondern nach Köpfen ab; wie sehr man sich bemühte, den vom Kaiser und allen katholischen Fürsten sowie vom Papste und den ausgezeichnetsten Prälaten u. Theologen unterstützten Reformforderungen Genüge zu thun, zeigt schon die Thatsache, daß jede Sitzung ein Decret über Glaubenssachen und ein sog. Reformdecret über Zucht und Rechtsverhältnisse der Kirche lieferte. Wir heben aus den Sitzungen Folgendes hervor: III. am 4. Febr. 1516: Verlesung u. Einregistrirung des den Katholiken und Protestanten gemeinsamen nicänisch-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses. IV. am 8. April: Feststellung des biblischen Canon, unter den zahlreichen latein. Bibelübersetzungen wird die Vulgata für authentisch erklärt, Angabe des Verhältnisses der hl. Schrift zur Kirchenlehre sowie der kirchlichen Grundsätze der Bibelauslegung. V. am 7. Juni: Beleuchtung der einzelnen Lehrsätze über die Erbsünde, Bestimmung, daß es hinsichtlich der hl. Jungfrau bei den Verordnungen des Papstes Sixtus IV. hierüber vorläufig sein Bewenden haben möge; Reformationsdecret für die Errichtung von Lehrstühlen für Exegese, freie Künste sowie über die Predigt des Wortes Gottes. VI. am 13. Jan. 1547: Lehre von der Rechtfertigung in 16 Kapiteln und 33 Canones, deren meisterhafte Redaction man zumeist dem Legaten Cervino verdankte; Reformationsdecret über die Residenzpflicht der Kleriker und Kirchenvisitationen. VII. am 3. März: 13 Canones über die Sacramente, 14 von der Taufe und 3 von der Firmung; Decret über Anhäufung von Pfründen, Patronatsrecht, Kirchenvisitationen, Dimissorialbriefe u.s.f. – Karl V. hatte indessen den Schmalkaldener Bund niedergeschlagen, mehr als bisher besorgten die Legaten einen allzu vorherrschenden Einfluß des Kaisers auf den Gang des Conciles u. wünschten letzteres näher bei Rom; gelegentlich des Ausbruches einer pestartigen Seuche in Trient setzten sie die Verlegung des Conciles nach Bologna durch. Aber daraus erwuchsen solche Mißhelligkeiten zwischen Kaiser u. Papst, daß die Gefahr eines Schisma näher und näher trat und diesem zumeist dadurch vorgebeugt wurde, daß die in Bologna versammelten Väter sich der Politik des Abwartens ergaben. Nachdem Paul III. 1549 gestorben, verlegte sein Nachfolger Julius III. (1550–55) das Concil wiederum nach Trient, politische Zwistigkeiten zwischen dem Papst und Franzosenkönig hatten aber für das Concil den Erfolg, daß letzterer die Geistlichkeit seines Landes längere Zeit nicht daran Theil nehmen ließ. Höchst wichtig war die XIII. Sitzung vom 11. Oct. 1551, welche die kirchliche Lehre vom hl. Abendmahl in 8 Kapiteln mit 11 Canones feststellte u. ein Reformationsdecret über die bischöfliche Jurisdiction erließ. XIV. am 25. Nov.: Sacramente der Buße und letzten Oelung, 14 neue Canones über Kirchenzucht. – Es schien als ob es dem Kaiser gelungen sei, die Protestanten im Interesse der unschätzbaren Kircheneinheit noch vor Thorschluß zur Theilnahme am Concil zu bringen, indem einige protestantische Stände, namentlich der Kurfürst Moriz von Sachsen u. der Herzog von Württemberg sowie manche Reichsstädte Gesandte schickten; allein die Erklärungen sowie das Benehmen derselben ließen von vornherein keine Hoffnung auf Verständigung aufkommen, der »Besuch« aber, welchen Kurfürst Moriz dem Kaiser in Innsbruck abstattete, bewirkte, daß das Concil gesprengt und am 28. April 1552 förmlich auf 2 Jahre vertagt wurde. Aus den 2 Jahren wurden aber bereits 10 und nachdem Pius IV. (1559–1565) die Wiederaufnahme des T. C. durchgesetzt, konnte keine Rede mehr von Versöhnung mit den Protestanten sein, sondern nur von der Abwehr der Intriken protestantischer Fürsten wider das Concil, von der Zufriedenstellung des Kaisers und katholischer Reichsstände, welche das wiedereröffnete Concil gar nicht als Fortsetzung des frühern gelten lassen wollten, sondern als ein neues, welches sich lediglich mit praktisch en Reformen und vor allem mit der gründlichen Reform des römischen Hofes selber zu befassen habe, von unerquicklichen Unterhandlungen mit dem Franzosenkönig u. dgl. m. Die Sitzungen vom 18. Jan. bis 4. Juni 1562 waren vorbereitende, höchst wichtig die XXI. vom 16. Juli: das Abendmahl unter Einer Gestalt genügt, die Kindercommunion ist unnöthig; Decrete über die bischöfliche Administration (auch über den sog. Ablaßhandel). XXII. am 17. Sept.: Lehre vom hl. Meßopfer in 9 Kapiteln mit 9 Canones; über Kirchengüter. (Die Angelegenheit wegen des Laienkelches, den Kaiser Ferdinand u. der Herzog von Bayern für ihre Staaten durchaus begehrten, wurde vom Concil nach langen Verhandlungen dem Papste überantwortet, welcher in der That versuchsweise mehre deutsche Bischöfe ermächtigte, das Abendmahl unter beiden Gestalten an Laien auszutheilen; war der Papst hierin nachgibig, so war er in Bezug auf Reformen des römischen Hofes den Beschlüssen des Conciles mit vielen wichtigen Bullen vorausgeeilt). XXIII. am 15. Juli 1563: Sacrament der Priesterweihe, allmälige Ordination des Clerus, Errichtung von Seminarien. Eine der folgereichsten Sitzungen für das praktische Leben war die vorletzte, die XXIV., indem sie das Sacrament der Ehe, die Auflösbarkeit derselben und die Ehehindernisse behandelte und dazu ein Reformationsdecret über Bischofswahlen, Ernennung von Cardinälen, Abhaltung von Provincialconcilien und Diöcesansynoden erließ. Die XXV. Sitzung aber vom 3. u. 4. Dez. 1563 befaßte sich mit dem Fegfeuer, Verehrung der Heiligen, Bilder und Reliquien, mit den Ablässen, dem Klosterwesen, Hauswesen der Weltgeistlichen und Concubinat. Da der Schluß des T. C. in vieler Hinsicht nothwendig geworden war, so wurde die Vollendung u. Herausgabe des Katechismus, Missale, Brevieres u. des Verzeichnisses der verbotenen Bücher, mit welchen Arbeiten sich längst eine besondere Congregation befaßt hatte, in die Hände des Papstes gelegt. Nachdem die Verhandlungen u. Beschlüsse des T. C. von 255 Mitgliedern aus allen Ländern unterschrieben worden waren, bestätigte Pius IV. dieselben schon am 4. Jan. 1564 u. ließ das tridentinische Glaubensbekenntniß aufsetzen, welches für alle ein verpflichtendes Glaubensgesetz sein sollte, die ein geistliches Amt oder eine akademische Würde erlangen wollten; später errichtete Sixtus V. (1585–1590) eine besondere Congregation für die Auslegung des T. C. In den meisten italienischen Staaten, Venedig voran, wurden die Beschlüsse des T. C. sofort verkündiget, Portugal und Polen nahmen dieselben unbedingt an, dasselbe thaten die kathol. Fürsten u. Prälaten des deutschen Reiches auf dem Reichstage von Augsburg i. J. 1566; Philipp II. von Spanien fand nur in den Niederlanden mit seiner Publication Hindernisse, dagegen beantragte der französische Episcopat beim Könige 12 mal vergeblich die Publication der Reformdecrete und unternahm dieselbe dann selbst. Hinsichtlich der Geschichtschreiber des T. C. vgl. Pallavicini, Sarpi und über beide Brischars Schrift: Beurtheilung der Controversen etc. (Tübg. 1811), ferner Schriften der Katholiken Göschl (Regensb. 1839 ff.), Wessenberg (Konstanz 1840) u. Rätze (Münster 1846), sowie der Protestanten v. Salig, Marheineke, Danz.
http://www.zeno.org/Herder-1854.