Erde

Erde

Erde. Die Alten hielten die E. für eine Scheibe, die auf unbekannten Unterlagen ruhe, oder auf dem Wasser schwimme; doch lehrte schon Pythagoras 500 vor Chr. die Kugelgestalt der E., nach ihm besonders Eudoxus 384 vor Chr. und Aristoteles, doch erst durch Ptolemäus, 130 nach Chr., wurde dieser Ansicht allgemeine Geltung verschafft. Die Beweise für die Kugelgestalt sind: die stets kreisförmige Begränzung des Horizonts; seine allmälige Erweiterung je höher der Beobachter sich erhebt; das Erscheinen höherer Gegenstände von oben nach unten bei ihrer Annäherung aus der Ferne; das allmälige Höhersteigen der südl. Sterne und Erscheinen neuer über dem Horizonte mit gleichzeitigem Niedersteigen u. Verschwinden der nördl., wenn sich der Beobachter von Norden nach Süden bewegt, und umgekehrt: das frühere Auf- und Untergehen der Gestirne an den östlicher gelegenen Orten; endlich besonders die vielen Erdumseglungen in allen Richtungen. Dagegen gilt der runde Schatten der E. im Mond bei Mondfinsternissen nicht mehr als ein Beweis für die Kugelgestalt, weil jeder Körper, sei er eckig, lang od. rund, bei rascher Drehung einen runden Schatten wirst. Die E. ist indeß keine vollkommene Kugel, sondern an beiden Polen abgeplattet, somit ein Sphäroid mit längerem Aequatoreal- als Polardurchmesser. Schon Newton und Huyghens sprachen dieses aus; es wurde später durch unmittelbare Messungen von Meridiangraden sowie durch Versuche mit dem Pendel zur Gewißheit erhoben. Die erstern ergaben nämlich, daß die Meridiangrade vom Aequator nach den Polen zu an Länge zunehmen, was eine Abplattung an den Polen erweist. Die Pendelversuche zeigten, daß das Pendel unter dem Aequator langsamer schwinge, als gegen die Pole, was zunächst eine Abnahme der Schwere gegen den Aequator hin anzeigt. Diese hat nun freilich zum größern Theil ihren Grund in der größern Schwungkraft unter dem Aequator, welche der Schwere entgegenwirkt, doch reicht diese nicht hin, die wirkliche Größe der Abnahme der Schwere zu erklären; der Rest erklärt sich aber durch Annahme einer Abplattung der E. an den Polen, indem schon aus diesem Grunde allein die Schwere an den Polen größer sein muß als unter dem Aequator, weil jene dem Mittelpunkt der E. näher sind als dieser. Indeß auch theoretisch läßt sich die Nothwendigkeit einer Abplattung an den Polen beweisen. Bei ihrem erwiesen ursprünglich flüssigen Zustand konnte die E. wegen ihrer gleichzeitigen Umdrehung um die Achse unmöglich die völlige Kugelform annehmen, sondern mußte bei der größern, der Anziehung des Mittelpunktes gerade entgegenwirkenden Schwungkraft unter dem Aequator daselbst einen größern Durchmesser gewinnen, als an den Polen, gegen welche hin jene Schwungkraft stets abnimmt und an den Polen ganz verschwindet. Der Unterschied der beiden Durchmesser ergibt sich zu 1/302 oder beinahe 6 d. Meilen; der Aequatorealdurchmesser beträgt 17188/10, der Polardurchmesser oder die Achse 1713, der Umfang des Aequators 5400, eines Meridians 53906/10 d. Meilen; die Oberfläche des Erdsphäroids beträgt 9260500 QM.; sein körperlicher Inhalt 2650 Mill. Kubikmeilen. – Die E. hat wie alle Planeten eine doppelte Bewegung, nämlich um ihre Achse und um die Sonne. Die erstere, die Drehung um ihre eigene Achse, geschieht von Westen nach Osten in 24 St., genauer in 23 St. 56 Min. 4 Sek. mittlerer Zeit. Beweise für diese rotirende Bewegung der E. sind ihre Abplattung an den Polen, die östl. Abweichung aus bedeutender Höhe fallender Körper, und besonders das Experiment mit dem Pendel nach Léon Foucault. Die Achsendrehung der E. erzeugt die Erdachse, deren Endpunkte die beiden Pole sind. Nach den Polen richtet sich die Annahme verschiedener, zur Orientirung auf der Erdoberfläche dienender Linien; diese sind der Aequator, die Meridiane, die Parallelkreise (s. d. Art.), unter den letztern als ausgezeichnet die beiden Wendekreise und die beiden Polarkreise. Die Achsendrehung der E. ist die Ursache von Tag und Nacht; beide sind in ihrer Länge an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden, was seinen Grund in der schiefen Stellung der Erdachse zur Erdbahn oder Ekliptik hat; diese Neigung beträgt 231/2°, und sie bedingt außer der Ungleichheit der Tage und Nächte in Verbindung mit dem Laufe der E. um die Sonne auch den Wechsel der Jahreszeiten und die Verschiedenheit der Klimate. Tag- und Nachtgleiche während des ganzen Jahres findet nur unter dem Aequator statt, an allen andern Punkten der E. bloß an 2 Tagen des Jahres, am 21. März u. 23. Septbr., wenn die Sonne im Aequator steht; längsten Tag haben wir auf der nördl. Halbkugel den 21. Juni, kürzesten Tag den 21. Dezbr., umgekehrt auf der südl. – Die 2. Bewegung der E. ist ihr jährlicher Lauf um die Sonne. Die irrige Annahme, daß die E. ruhe und die Sonne sich um dieselbe bewege, galt bis ins 16. Jahrh., wo dann Kopernikus in seinem neuen Systeme die richtige Stellung der Sonne als Mittelpunkt der Bahnen aller Planeten, also auch der E., lehrte. Diese Bewegung der E. geschieht, gleich der aller andern Planeten, ebenfalls von Westen nach Osten, und die Bahn, welche die E. hiebei beschreibt und in 3651/4 Tagen zurücklegt, ist eine vom Kreise wenig ab weichende Ellipse, in deren einem Brennpunkte die Sonne steht. Die E. ist daher zu Zeiten der Sonne näher als zu andern, und zwar am nächsten zu Anfang des Jahres, im Winter, am entferntesten um die Mitte des Jahres; der Unterschied ist indeß zu klein, als daß er auf die Wärme influiren könnte. Die kleinste Entfernung der E. von der Sonne beträgt 20322000, die größte über 21 Mill., die mittlere 20682000 Meilen, der ganze Umfang der Erdbahn 131 Mill. Meilen, so daß die E. in 1 Sekunde über 4 Meilen zurücklegt. – Der größere Theil der Erdoberfläche ist mit Wasser bedeckt, indem das Meer 6900000 QM. einnimmt, also über 2/3 für das feste Land bleiben somit gegen 2400000 QM., nicht ganz 1/3. Das Erdinnere ist uns unbekannt. Vergleicht man indeß die mittlere Dichtigkeit des Erdganzen, = 51/2, mit der mittleren Dichtigkeit der bekannten Erdkruste, = 21/2, so ergibt sich, daß das Innere der E. aus weit dichteren Stoffen bestehen müsse, als die äußere Kruste, und die Dichtigkeit dieser centralen Massen muß 51/2 noch übersteigen. Je tiefer in die E. eingedrungen wird, um so höher steigt die Temperatur.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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