- Origenes
Origenes, wegen seines eisernen Fleißes Adamantios d.h. der Mann von Stahl geheißen, der glänzendste Vertreter der ganzen theologischen Wissenschaft seiner Zeit, geb. 185 n. Chr. wahrscheinlich zu Alexandrien, der Sohn eines wohlhabenden Mannes, welcher in der Christenverfolgung von 202 die Palme des Martyrthums errang, studierte unter Pantänus u. Clemens, verlegte sich alsdann auf Grammatik d.h. Alterthumswissenschaft, Mythologie u. Literärgeschichte, trat selbst als Grammatiker auf und wurde in der gefahrvollen Zeit von 203 der Vorstand u. zunächst einzige Lehrer der Katechetenschule Alexandriens. Bei Ammonius Sakkas (s. Ammonius) erhielt er seine philosophische Bildung; Selbstentmannung sollte ihm beihelfen, nur Gott u. der Wissenschaft zu leben. Er lehrte neben der Theologie auch die schönen Wissenschaften fort und ermunterte zum Studium der Philosophie, außerordentlich viele begeisternd, viele Heiden und – was oft Synoden nicht vermochten – Ketzer bekehrend z.B. den Gnostiker Ambrosius, der alsdann viele Schreiber für O. bezahlte. Weil dieser sich 228 während einer Reise auf ganz uncanonische Weise zum Priester weihen ließ, in seinem tiefsinnigen Buche »Von den Grundprincipien« irrige u. verdächtige Sätze vorbrachte, z.B. daß selber der Teufel dereinst selig werde, wohl auch weil Bischof Demetrius von Alexandrien auf O. Weltruhm eifersüchtig war, wurde er 231 durch 2 Synoden abgesetzt u. aus der Gemeinde ausgeschlossen u. verließ Aegypten für immer. Zu Cäsarea in Palästina stiftete er eine neue theologische Schule (s. Katechetenschule); seine Schriftstellerthätigkeit u. Begeisterung wuchs mit den Jahren; er schrieb auf Reisen, auf der Flucht vor Christenverfolgern, gab das seltene Beispiel von erfolgreichen Religionsgesprächen häufig, ermunterte namentlich zu Maximins Zeit zur Uebernahme des Martyrthums u. st. 254 an den Folgen von Mißhandlungen, welche ihm zu Tyrus die decische Christenverfolgung gebracht hatte. Die Kreuzfahrer sahen noch sein Grabmal in der Kathedrale von Tyrus. O. war der erste, welcher die Idee einer wissenschaftlichen Dogmatik klar aussprach und durchzuführen suchte, indem er zugleich das Christenthum in Verbindung mit dem Platonismus setzte. Die Schwierigkeit des Unternehmens, sowie der Eifer, den Gnostikern gegenüber die Kirchenlehre systematisch zu gestalten, lassen einzelne Irrthümer in mildem Lichte erscheinen. Obwohl er ferner als Exeget die allegorische Interpretation für nothwendig und als das Höchste betrachtete, wurde er doch der Urheber der philologischgrammatischen Methode, deren riesige Vorarbeiten erst in unserer Zeit so ziemlich vollendet sind; als Bibelkritiker lieferte er in der Hexapla eine Zusammenstellung der verschiedenen Uebersetzungen des A. T. und strebte vor allem nach Reinheit und Richtigkeit des Textes sowie nach Feststellung des Canon. Die Schrift gegen den Philosophen Celsus wäre genügend, dem Apologeten O. Unsterblichkeit zu verbürgen, aber O. hat bei 6000 der trefflichsten Bücher u. Abhandlungen geliefert, wovon freilich vieles verloren ist. Sämmtliche Werke von Ch. de la Rue (1733 bis 1759, 3 Fol.) u. Oberthür (Würzb. 1780–1794, 15 Bde.). Neueste Schriften über O. von G. Thomasius (Nürnb. 1837), Redepenning (Bonn 1841–46, 2 Bde.). – Lange nach O. Tod regte Bischof Methodius von Tyrus (gest. 311 als Martyrer) die s. g. origenistischen Streitigkeiten an, die um so heftiger wurden, je mehr O. Rechtgläubigkeit in vielen einzelnen Punkten in Zweifel gezogen werden konnte und je weniger Gleichgültigkeit gegen dogmatische Angelegenheiten im Volke an der Tagesordnung war. Der Kampf der Origenisten und ihrer Gegner flammte nach langer Unterbrechung im 6. Jahrh. zum letztenmale auf.
http://www.zeno.org/Herder-1854.