Australien

Australien

Australien (Südland), Oceanien (Oceanland), Polynesien (Inselwelt), zuweilen auch Südindien genannt, der fünfte Erdtheil, im Laufe von 300 Jahren allmälig von Spaniern, Holländern, Franzosen, Engländern und Russen entdeckt oder genauer untersucht (Magelhaens oder Magellan, Tasman, Carteret, Bougainville, Wallis, Byron, Cook, La Peyrouse, Baudin, Flinders, Krusenstern, Kotzebue, Bellingshausen, Weddel, Duperrey, Camper, King, dʼUrville, Legoarant, Morvell, Laplace). A. liegt ganz in der Südsee, zwischen der Westküste von Amerika und der Ostküste von Asien und wird auf 180,000 QM. geschätzt. Das Australische Festland, von seinen Entdeckern Neuholland, von den Engländern vorzugsweise A. geheißen, wird auf 140,000 QM. berechnet; es trägt in jeder Hinsicht den Charakter der Einförmigkeit, in der Küsten-, Gebirgs- und Flußbildung, in Klima, Pflanzen, Thieren und Menschen. Die Südküste theilen die Engländer in Grants-, Baudins- und Flindersland, auf sie folgt die unfruchtbare Küste von Nuytsland. Auf dieser ganzen Ausdehnung ist nur der Golf der Murraymündung und Spencer von Bedeutung. Auf der Westküste: Leuwinsland mit der Geographenbai, Edelsland mit dem Schwanenfluß, Endrachtsland mit der Haifisch- und Freycinetbai. Vom Nordwestkap die ganze Nordwestküste entlang dehnt sich de Witsland aus; auf der Nordwestküste folgen Vandiemensland, Arnhemsland und Carpentaria. Hier ist der große und tiefe Meerbusen von Carpentaria, in welchen die Flüsse Tasman und Caron münden. Die Torresstraße trennt Cap York, die nördlichste Spitze, von der großen Insel Neuguinea. Die ganze Ostseite nimmt Neusüdwales ein mit der Glassehouse und Herveybai, Port Maquarie, Port Hunter, Port Jakson und der Botanibai, den Flüssen Darling, Maquarie, Lachlia, Hastings, Clyde u.s.w. Cap Wilson, die südlichste Spitze, und die Insel Vandiemensland trennt die Baßstraße. In Beziehung auf Bodenbildung scheint das Flachland vorherrschend zu sein und A. nur Rand- und Küstengebirge zu haben, die überdies 4000' nirgends übersteigen; außerdem erheben sie sich insularisch und bilden keine Gebirgssysteme, wie wir in den andern Erdtheilen treffen. Der östliche Bergrand erhebt sich schroff aus der Küstenebene bis zu 3000', fällt auf seinem Westabhange stufenförmig ab und geht in eine fruchtbare Ebene über. Gegen Süden hin bilden die Südgrampianberge ein wohl bewässertes Bergeiland; südlich erhebt sich mit Cap Wilson das Hochland der schwarzen Berge, das in nördlicher Richtung in die öden, fast unübersteiglichen blauen Berge und in die Liverpoolkette übergeht. Auf der Westküste, der gefährlichen und vielfach unwirthbaren, kennt man die Darlingkette, die in eine bewaldete Hochfläche übergeht. Im Norden erstreckt sich ein nacktes Klippengebirge, das in wasserarme Ebenen abfällt, die in östl. Richtung wieder zu waldigen Bergzügen ansteigt. Flußsysteme kann nach dieser Bodenbildung Neuholland nicht haben; die meisten der bekannten Flüsse sind ohne feste Quellen, bestehen meistens nur aus einer Kette von Teichen, weil sie durch Flachländer gehen, haben keine Zuflüsse, kein eigentliches Bett und Thal, stagniren in Sümpfen und Seen, wenn sie nicht ganz versiegen, schwellen aber zu andern Zeiten sehr an. Das Klima ist ebenfalls einförmig; Tag und Nacht gleich lang, die Jahreszeit eine nasse und trockene; doch leidet die Ostküste oft zwei und drei Jahre an Regenmangel und diese Dürre ist ein Haupthinderniß der Kolonisation. Sonst ist das Klima sehr gesund, die Luft ziemlich trocken, die Temperatur durch den Ocean gemildert; mittlere Temperatur in Port Jakson 15°, in Maquarie 161/2°. Vor wenigen Jahren glaubte man noch, Neuholland habe nur Steinkohlen und Salz; seitdem fand man jedoch zuerst reiche Lager von Kupfer, dann Blei, Eisen, Zinn, Silber, und seit 1851 rivalisirt bekanntlich Neusüdwales mit Californien in der Goldausbeute. Die Pflanzenwelt weist nur vier Hauptfamilien auf; die Gräser sind sehr hoch, die Bäume meistens niedrig, viele ohne eigentliches Laub, die Rinde abwerfend, haben zum Theil sehr festes Holz, so daß es im Wasser untersinkt. Noch beschränkter ist das Thierreich; die einzigen einheimischen Säugethiere sind das Känguruh, der Wombat, beides Beutelthiere, das Schnabelthier, das fliegende Eichhorn, die Beutelmaus, Ratten und Fledermäuse, der wolfähnliche Dingo, die Pantherkatze; von den eingeführten ist das Schaf sehr wichtig geworden. Die Vögel zeichnen sich durch Farbenpracht aus; zu ihnen gehört der neuholländische Kasuar, der schwarze Schwan, der weiße Adler, der prächtige Leyerschwanz, mehrere Papageien. Von Amphibien, Insekten und Weichthieren ist noch wenig bekannt; es gibt stachellose Bienen. Die Einwohner sind in das Innere gedrängt und zeigen sich nur theilweise noch an den Küsten; sie sind wenig zahlreich und gehen einer schnellen Vernichtung durch die europäische Cultur entgegen. Sie sind Australneger oder Papuas, auf der niedersten Stufe der Cultur, ohne eine Spur von Acker- oder Gartenbau, ohne Kenntniß des Metalls, von der Jagd lebend, mit der Wurfkeule als Hauptwaffe. Die Engländer behandeln den ganzen austral. Continent als Eigenthum; es bestehen bis jetzt fünf Kolonien: Neusüdwales mit der Hauptstadt Neusidney, 1787 als Verbrecherkolonie gegründet; Westaustralien, am Schwanenfluß mit der Hauptstadt Perth, gegründet 1829; Victoria, seit 1851 so genannt, mit der Hauptstadt Melbourne und den reichen Goldlagern; Südaustralien mit der Hauptstadt Adelaide, Nordaustralien mit der Hauptstadt Victoria. Zu Neuholland müssen wir auch die Insel Vandiemensland rechnen; hier sind die Eingebornen bereits vernichtet, die Hauptstadt der engl. Kolonie ist Hobarttown. Der innere Gürtel der australischen Inseln beginnt mit der großen Insel Neuguinea und zieht sich bogenförmig in südöstl. Richtung in den Inselgruppen: Neu-Britannien, – Georgien, – Hebriden, – Kaledonien, – Seeland bis zu den Aucklands- und Maquarieinseln, Neuguinea hat Tropenklima und die entsprechenden Erzeugnisse, auch auf den andern Inseln ist größerer Pflanzenreichthum als auf Neuholland, besonders treten da der Kokosnußbaum und Brotfruchtbaum auf; auf Neuseeland dagegen und den südl. Inseln geht die Temperatur vom gemäßigten Klima bis zum rauhen über; die nördl. Insel Neuseeland hat eigenthümliche Vegetation, besonders ausgezeichnete Taxus, Farren, dann eine Flachslilie, welche sehr starken Faden liefert; von Vögeln hat es den Kiwikiwi (Apteryx) und soll im Inneren einen riesenmäßigen Laufvogel hegen. Dieser Inselgürtel besteht aus der sogenannten Urformation, also den hervorragenden Erhebungen eines Gebirgszuges, über den an den meisten Stellen das Meer fluthet. Er hat viele zum Theil thätige, zum Theil erloschene Vulkane; auf Neuseeland steigt er im Pik Egmont bis 14,000' Höhe. Die Einwohner sind theils Australneger, wild, meistens wahre Kannibalen und Menschenfresser, theils Malaien oder gemischte Race; unter ihnen zeichnen sich die Neuseeländer durch kräftigen Körperbau, Geschicklichkeit und Muth aus; sie sind aber noch größtentheils Menschenfresser. Der äußere Inselgürtel beginnt nördl. in den Marianen oder Ladronen, enthält weiter in südöstl. und östl. Richtung: die Karolinen oder neue Philippinen, den Lord Mulgraves Archipel, die Fidschiinseln, Schifferinseln, Freundschaftsinseln, den Roggeweins und Cooksarchipel, die Gesellschaftsinseln, die Marquesasinseln oder Mendanas Archipel, den Archipel der Gefahr, die Pitkairnsinseln, die niedrigen Inseln, die Paßinseln und im weitesten Osten die Osterinsel. Außerhalb dieses Gürtels, weit nordwärts liegt die wichtige Gruppe der Sandwichsinseln. Die meisten dieser Inseln sind sehr steilufrig, mit Korallenriffen umgeben, es ist auch auf vielen die vulkanische Thätigkeit noch lebendig, auf anderen aber für den Augenblick wenigstens erstorben. Auf den Sandwichsinseln erheben sich die Vulkane Mauna Loa bis 14,000', der Kea 14,950', der Hualalai 10,000', der Kauai 8000'; auf Otaheite steigt der erloschene Tobreona bis 11,000'. Lange Zeit glaubte man, viele dieser Inseln seien nichts anderes als große Korallenriffe, von diesen Thierchen aus fast unergründlicher Tiefe bis zur Oberfläche des Oceans geführt. Dies schien um so glaublicher, als die meisten dieser Inseln mit solchen Rissen umsäumt sind, viele offenbar aus verwitterten Rissen bestehen; Cook fand endlich ringförmige unterseeische Risse, die sich durch ringförmige Brandung ankünden; aber unerklärbar erschienen die sogenannten Laguneninseln oder Attole, ringförmige Inseln, die in der Mitte ein ruhiges tiefes Becken mit Seewasser bergen, während an die Umfassung, aus Korallen bestehend, oben verwittert und mit Palmen besetzt, die ungestümste Meeresbrandung schlägt. Die Meinung von der sogenannten »thierischen« Bildung dieser Inseln (weil den Korallenthieren zugeschrieben) mußte jedoch aufgegeben werden, als bewiesen wurde, daß die Korallen nicht über 50' tief im Wasser leben können, daß sie nur im hellen und bewegten Meereswasser bauen, also Insel und Brandung schon vorfinden müssen. Der engl. Naturforscher Charles Darwins, der 1832–36 den Kapitän Fitzroy auf seiner Erdumseglung begleitete und die Korallinseln und Risse genau untersuchte, hat nun die Erklärung der verschiedenen Erscheinungen aufgestellt: Viele Inseln sind durch unterirdische Ursachen, plutonische Thätigkeit, gesunken, aber so langsam, daß die Korallen, welche sie mit ihrem Risse umsäumten, Zeit hatten immer weiter in die Höhe zu bauen, bis an die Oberfläche, daher die Atollen oder Laguneninseln, die ringförmigen Risse, wenn die Senkung der Insel gegen das Ende rascher vor sich ging; viele Inseln sind aber auch durch plutonische Thätigkeit gestiegen, daher die Risse nun als Felsen oder verwitterte Kalkerde den Kern der Insel umsäumen; diese Hebung und Senkung soll aber noch immer und zwar nachweisbar vor sich gehen. Der von den Europäern lange Zeit wenig berücksichtigte Erdtheil A. wird nun auch in einen immer regeren Verkehr gezogen; die Entdeckung der neuholländischen Goldlager hatte eine massenhafte Einwanderung zur Folge, die noch immer im Zunehmen begriffen ist; die neuseeländische Kolonie der Engländer gewinnt immer mehr an Bedeutung und seit Kaliforniens Gold die Angloamerikaner und Chinesen an den großen Ocean lockte, seit Amerika die Berührung mit Asien sucht, sind die Sandwichsinseln als oceanische Station zu großer Wichtigkeit gelangt und Amerika geht sichtlich darauf aus, sich derselben für die Zukunft zu versichern. Das Christenthum hat auf vielen Inseln Eingang gefunden, besonders bei der australmalaiischen Bevölkerung; die engl. Missionäre haben aber durch ihren Puritanismus und geistige Knechtung die Lebenslust und Lebenskraft der Bevölkerung gebrochen, z.B. auf den Sandwichsinseln, deren Civilisation so gerne als das Meisterwerk der prot. Mission bezeichnet wird; nachweisbar nimmt die eingeborne Bevölkerung mit jedem Jahre ab und nähert sich der Zeit, wo sie förmlich ausstirbt wie die auf Vandiemensland. Auf den Marianen sind die Einwohner schon seit dem 17. Jahrh. durch span. Missionäre Christen geworden, auf den Marquesasinseln und Otaheite hat die franz. Besitznahme die Gründung franz. Missionen zur Folge gehabt, auch auf Neuseeland, Neukaledonien und anderen Inseln verbreiten franz. Missionäre das Christenthum mit erfreulichem Erfolge, die alles verschlingende engl. Einwanderung jedoch reißt das Schicksal dieses Erdtheils in ihre Strömung hinein.


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