- Nikolaus I. Pawlowitsch
Nikolaus I. Pawlowitsch, russ. Kaiser von 1825–55, geb. 7. Juli 1796, 3. Sohn Kaisers Paul I., 1817 mit der preuß. Prinzessin Charlotte (nach ihrer Conversion zur griech. Kirche Alexandra genannt) vermählt, bestieg den Thron den 1. Decbr. 1825 nach dem Tode Alexanders I. und der Thronentsagung Constantins und schlug einen Militäraufstand mit eiserner Festigkeit nieder. Er führte angegriffen 1826–28 einen Krieg mit Persien und gewann im Frieden von Turkmantschai die Provinzen Eriwan und Nakitschewan, unterwarf auch Persien dem russ. Einflusse vollständig; 1828–29 bekriegte er die Türkei, erhielt zwar im Frieden von Adrianopel nur die Donaumündungen u. ein kleines Gebiet am Kaukasus mit der Festung Achalzik, brachte aber der Türkei eine tödtliche Wunde bei u. verstärkte seinen Einfluß auf sie durch die Intervention gegen Ibrahim Pascha. N. bezwang 1831 nach hartem Kampfe den poln. Aufstand u. vernichtete Polen bis auf den Namen: 1849 intervenirte er in Ungarn und entschied darauf die dän. Frage, sowie er auch zur Nachgibigkeit Preußens in der Unionsfrage wesentlich beitrug. Auf seinen persönlichen Einfluß bei den europ. Souveränen rechnend, führte er die orientalische Frage bis zu der Krisis, aus welcher der gegenwärtige Krieg entsprang, dessen Ende er nicht erlebte, indem er d. 2. März 1855 an einer Lungenentzündung st. Er führte 1827–46 die Systematisirung des russ. Gesetzbuchs durch, verminderte die Zahl der Juden durch unerbittliche Conscriptionen und massenhafte Bekehrung der jüdischen Rekruten, vereinigte die unirten Griechen im ehemaligen Polen durch Decret mit der russ.-griech. Kirche, entriß den Katholiken die Hälfte ihrer Kirchen, beschränkte die Rechte der kath. Kirche fast bis zur Aufhebung ihrer Hierarchie, veranlaßte auch durch propagandistische Maßregeln der greifbarsten Art den massenhaften Uebertritt der prot. Bauern in den Ostseeprovinzen zur griech. Kirche. Indem er so den Cäsareopapismus wie keiner seiner Vorgänger und dadurch die Einheit des ungeheuren russ. Reiches förderte, organisirte er mit gleicher Energie die russ. Landmacht und Kriegsmarine, und so sehr er die demokratischen Revolutionen haßte, so wenig verschmähte er die Revolutionspropaganda, namentlich auf religiösem oder nationalem Boden, vorausgesetzt, daß sie zum Vortheile Rußlands ausschlagen mußte. Unbestreitbar hatte er Alles vorbereitet, um das Ziel aller russ. Herrscher seit Peter I., die Beherrschung des Sunds und des Bosporus zu erlangen, aber er übereilte sich zuletzt, indem er den »kranken Mann« in Konstantinopel nicht natürlichen Todes sterben lassen wollte. Er hinterließ 4 Söhne: 1) Seinen Nachfolger Alexander II., geb. 29. April 1818; 2) Konstantin, geb. 21. Sept. 1827; 3) Nikolaus, geb. 27. Juli 1831; 4) Michael, geb. 25. Octbr. 1832; und die Großfürstinen: 1) Maria, die Wittwe des Herzogs von Leuchtenberg; 2) Olga, die Gemahlin des Kronprinzen Karl von Württemberg; 3) Alexandra. gest. 1844 als Gemahlin des Prinzen Friedrich von Hessen-Kassel.
http://www.zeno.org/Herder-1854.