- Görres [1]
Görres, Joseph von, wurde geb. d. 25. Januar 1776 zu Koblenz; seine Jugendjahre fielen in die franz. Revolution, deren Ideen ihn, wie unzählige Andere, begeisterten (»Das rothe Blatt«, 1797. »Der allgem. Friede«, 1798), bis er im J. 1799 von seinen Mitbürgern nach Paris gesandt und dort dem Getriebe ins Herz schauend, erkannte, daß die Freiheit, welche die franz. Republik anderen Völkern verheißen, eine bittere Täuschung gewesen (»Resultate meiner Sendung nach Paris«, 1800). Zerfallen mit der Politik ward er Lehrer der Naturgeschichte und Physik zu Koblenz; so entstanden unter dem fühlbaren Einfluß von Schellings Philosophie seine Schriften, die geistreichen »Aphorismen über die Kunst« 1802, über »Organonomie« 1803, »Exposition der Physiologie« 1805, »Organologie« 1805, sowie »Glauben und Wissen« 1806. Im Drang nach einem mehr gebildeten Auditorium siedelte er 1806 nach Heidelberg über, wo er in Verbindung mit Clem. Brentano (s. d. A.), Achim v. Arnim (s. d. A.) u.a. eifrig bemüht war, das fast erloschene deutsche Volksbewußtsein zu wecken, indem er die Erinnerungen an eine ruhmvolle Vergangenheit und das Studium der altdeutsch. Literatur wieder heraufführte. So schrieb G. über »die deutschen Volksbücher« 1807, indeß seine Freunde aus entlegenen Hütten und Thälern die alten Lieder des deutschen Volkes im »Wunderhorn« sammelten; so entstanden die »Schriftproben von P. Hammer« 1808 und die damals unverstandene Zeitschrift »Trösteinsamkeit« 1808, eine Reihenfolge geistreicher Artikel in den Heidelb. Jahrbüchern u.s.w., die mit der Herausgabe des »Lohengrin« 1813 und der altdeutsch. »Meisterlieder« 1817 abschloß. Zugleich lieferte er als Resultat seiner oriental. Studien die »Mythengesch. der asiatischen Welt« 1810, 2 Bde. und eine Uebersetzung des persischen »Heldenbuches von Iran« 1820, 2 Bde. Als 1813 endlich die franz. Fesseln fielen, da schrieb G. seinen »Rheinischen Mercur« 1814, 15 mit einer solchen glühenden Begeisterung, mit schneidender Schärfe und gewaltiger Sprache, daß Napoleon selbst den Mann in Koblenz als »die fünfte Macht« bezeichnete, die gegen ihn sich erhoben. Als Preußen das Blatt unterdrückte 1816, gründete G. 1817 einen allgem. Hilfsverein, um der Hungersnoth in den Rheinlanden zu steuern. Als eine von ihm verfaßte Adresse der Stadt Koblenz, noch mehr aber sein Buch »Deutschland und die Revolution« 1819 seine persönliche Freiheit gefährdete, verließ er Deutschland u. ging über Straßburg in die Schweiz. Von nun an spricht sich in seinen Schriften immer deutlicher der Gedanke aus, daß nur in der Kirche die Freiheit der Völker zu finden sei; vgl. »Europa und die Revolution« 1821, »Die hl. Allianz« 1822, »In Sachen der Rheinprovinz und in eigener Angelegenheit« 1822. Eine Reihe der geistvollsten Aufsätze finden sich in der Zeitschrift »der Katholik« 1824–27; über Franz von Assissi, Emmanuel Swedenborg, Einleitung zu Susos Schriften 1829. 1827 berief ihn König Ludwig als Professor der Geschichte nach München; hier entstand seine Schrift »über die Grundlage der Weltgeschichte« 1830. Die »Christliche Mystik« 1836 bis 44, »Die Japhetiden« 1844; dann in Folge der Kölner Wirren sein »Athanasius« 1837, in dem er mit mächtiger Stimme die Rechte der Kirche vertrat. Ferner die »Triarier« 1838, »Kirche und Staat« 1842, die »Wallfahrt nach Trier« 1845, das Werk üb. den »Kölner Dom u. Straßburger Münster« 1842. Viele Aufsätze enthalten gleichfalls die von seinem Sohne Guido herausgegeb. Histor. polit. Blätter. G. starb d. 28. Januar 1848. Er war einer der heldenmüthigsten Streiter für Wahrheit u. Recht, voll uneigennütziger Liebe zur Wissenschaft, die er in allen ihren Verzweigungen umfaßte u. kannte, sein Geist war von durchdringender Schärfe, seine Sprache reich und grandios. Eine Gesammtausgabe seiner Schriften bereitet seine geistreiche Tochter Maria vor, München 1854, wovon bereits 2 Bände erschienen.
http://www.zeno.org/Herder-1854.