- Zoroaster
Zoroaster gräcisirter Name des Zarathustra (Goldgestirn), neupers. Zerduscht, welcher nicht sowohl als Stifter denn als Reformator des Parsismus betrachtet werden muß und als Verfasser der religiösen Hauptschriften der Parsen gilt; vergl. Parsen, Zend-avesta. Die Zeit, in welcher er wirkte, hat man bis auf 6000 J. vor Platon und 5000 vor dem trojan. Krieg hinausgerückt, wahrscheinlicher aber nimmt man das 6. Jahrh. vor Chr. an, so daß Z. so ziemlich ein Zeitgenosse des Confucius u. der 7 Weisen Griechenlands würde. Laut pers. Ueberlieferung war seine Heimath Adserbeidschan zwischen dem Urmiasee u. kasp. Meer; nach seinem 30. Lebensjahre bewog ihn höherer Einfluß die Lehre des Ormuzd (s. Ahriman) zu verkünden und er fand besonders Gehör am Hofe des Königs Gustasp zu Balk (Kyaxares I. von Medien?, der Vater von Darius I.?), wo ein Minister und dessen Bruder seine vorzüglichsten Jünger wurden. Gewiß ist, daß Z.s Religion zur Zeit des ersten Darius eine Frische zeigte, welche auf keinen allzufernen Ursprung schließen läßt, sich weithin über Asien verbreitete und vielfach wohlthätig einwirkte, so daß Asien unter ihrer Herrschaft einen ebenso erfreulichen Anblick darbot, als einen traurigen unter der des Islam; noch im 7. Jahrh. n. Chr. war der Parsismus herrschend im ganzen Reiche der Sassaniden, ja bei den Völkern Hochasiens, aber die Schlacht bei Kadesia 636 n. Chr. entschied die bis heute dauernde Gewaltherrschaft des Islam. Hinsichtlich der Lehre von Gott wird gewöhnlich Zeruane akarene (Zarvana akarama d.h. anfangslose, ursachlose Zeit) als Wurzel u. Urgrund aller Dinge, als höchste u. zwar durchaus unpersönliche Gottheit vorangestellt und der Grundcharakter des Parsismus als ein Dualismus in der Art betrachtet, als ob dem Ormuzd, dem Gotte des Lichtes oder des Guten, Ahriman gleichberechtiget gegenüberstände. Neuere Forscher aber, und darunter Haneberg, behaupten: 1) Ormuzd sei der höchste, mit Allwissenheit und Reinheit im ewigen Lichte wandelnde, schaffende u. kämpfende Gott, der allein höchste göttliche Verehrung genoß, und 2) der Parsismus insofern kein Dualismus, als auch Ahriman ursprünglich gut war, freiwillig böse und von den Parsen keineswegs angebetet, sondern vielmehr im Auftrage des Ormuzd in seinen Werken bekämpft wurde, endlich daß Ormuzd am Ende der Dinge über das Reich der Finsterniß siegen wird. Somit wäre der Grundcharakter des Parsismus wesentlich monotheistisch; vgl. Mythologie. Hinsichtlich der Schöpfungslehre ist die Lichtreligion Z.s der indischen in manchem verwandt: Veranlassung zur Schöpfung ist der Abfall Ahrimans, ihr Zweck die Zurückführung der gefallenen Geister zum Guten, ihre Dauer 12000 Jahre in 4 Zeitaltern; endlich ist die geschaffene Welt durch freien Entschluß Gottes entstanden, Ormuzd hat den Ahriman sein finsteres Reich mit den Dews schaffen lassen, damit im Kampfe mit letztern die in der Sinnlichkeit befangenen Seelen (Fervers) verklärt werden, Ahriman aber hat bei all seinen Schöpfungen keinen selbsteigenen, organisirenden Gedanken, sondern folgt eben mechanisch dem Ormuzd Schritt für Schritt. Eine besondere Rolle in der Schöpfungslehre spielt Mythra, s. d. Art. Dem Christenthum verwandt sind die Lehren von der Auferstehung des Fleisches, Himmel (Gorodman), Hölle (Duzakh), Beschleunigung der Erlösung aus der Hölle durch Gebete der auf Erden zurückgebliebenen Verwandten und Anrechnung der guten Werke der Frommen (Gemeinschaft der Gläubigen und Heiligen). Tempel hatten die Parsen keine, wohl aber Abbildungen der Gottheiten, eine Priesterkaste (s. Magier) und jährlich 5 Hauptfeste; ihre Todten ließen sie im Freien verwesen und sammelten dann die Gebeine in Beinhäusern; bei keinem ihrer Opfer durfte das heilige Feuer fehlen, zu den Opfern zählten sie auch das Gebet. Ihre Sittenlehre schärfte 5 Gebote ein (Erfüllung des Gesetzes Ormuzds, Anlegung von Städten u. Dörfern, Landbau, Viehzucht, Beförderung der Begattung der Hausthiere), denen 5 entsprechende Verbote gegenüber standen, außerdem eine Menge einzelner Vorschriften und Strafbestimmungen, z.B. wer sein Wort nicht hält, soll 300 Riemenstreiche empfangen oder muß dafür 300 Jahre in der Hölle leiden, doch kann Jeder zeitliche Strafen auf Erden u. in der Hölle mit Gaben (Derems) gewissermaßen abzahlen (daß der sittliche Zustand der Seele über ihren Werth oder Unwerth entscheide, davon wußten die Magier nichts, sie kannten nur Lohn oder Strafe für die äußere Handlung). Die Anhänger Z.s lebten in Monogamie u. hielten geschlechtliche Ehrenhaftigkeit sehr hoch. Manche Aehnlichkeit mit dem Christenthum hat auch die parsische Lehre von den letzten Dingen. Vgl. über Z. u. den Parsismus die Arbeiten von Anquetil du Perron u. Foucher im 27., 30., 31., 34., 37., 39. und 40. Bande der mémoires de I'académie des inscriptions, sowie den 30. und 35. Band der mémoires de littérature, die Schriften von Pastoret (Par. 1787), Hölty (Lüneb. 1836), Ménant (Par. 1844), sowie den 1. Band von Dunkers »Geschichte des Alterthums« (2. Aufl., Berl. 1855), Hanebergs Aufsatz »Parsismus« im 8. Bande des Kirchenlexikons von Wetzer und Welte.
http://www.zeno.org/Herder-1854.