Peter I.

Peter I.

Peter I., Alexejewitsch, russ. Kaiser von 1682–1725, geb. 10. Juni 1672, folgte seinem älteren Bruder Feodor III. 1682, mußte aber seinen blödsinnigen Bruder Iwan, gest. 1697, als Mitczaren anerkennen und wurde von seiner ehrgeizigen Schwester Sophie, die sich mit Hilfe der Strelitzen zur Mitregentin aufgeworfen hatte, unterdrückt. Er täuschte sie durch fügsame Zurückgezogenheit, errichtete indessen mit Hilfe von Ausländern (die bedeutendsten waren der Genfer Lefort und der Schotte Gordon) eine reguläre Truppe, vereitelte mit derselben eine Verschwörung gegen sein Leben, stürzte seine Schwester, die er in ein Kloster einschloß, u. vertheilte die Strelitzen in kleinen Abtheilungen im Reiche. Mit der Hilfe von Ausländern schuf P. eine reguläre Armee, eine Flotte, eine neue Verwaltung des Reichs, die Anfänge eines Gewerbfleißes, öffnete neue Handelswege, gründete wissenschaftliche Anstalten und förderte den Bergbau etc., wobei er seine Russen als barbarischer Zwingherr behandelte, indem sie freiwillig sich nie solchen Neuerungen unterworfen hätten. Weil P. I. die unumschränkte Macht der Krone auf Militär u. Bureaukratie gründete, mußte er auch die Hierarchie der russ.-griech. Kirche stürzen; er ließ die Würde des Patriarchen eingehen, erklärte sich selbst zum Haupte der Kirche, übertrug der Krone das Recht Erzbischöfe u. Bischöfe zu ernennen u. theilte die Prälaten den höhern adeligen Rangstufen zu. Er war 1697 auf einer Reise nach Deutschland, den Niederlanden, Frankreich u. England, deren Hauptzweck die Anwerbung von Ausländern für Heer, Flotte, Straßen- und Kanalbau, Fabriken etc. war, als ein Aufstand der Strelitzen ihn zurückrief. Er fand denselben bereits unterdrückt, vernichtete das ganze Corps der Strelitzen und führte seine militärische Organisation der Civilverwaltung vollständig durch, mußte aber auch die Folgen davon, Erpressung und Bestechlichkeit von Seite der Beamten, die in ihren Kreisen so allmächtig sind als der Czar im Reiche ist, häufig genug erfahren, ohne sie durch die fürchterlichsten Strafen verhindern zu können. Wie P. seinen Nachfolgern eine vollständig organisirte, auf Militär und Bureaukratie gegründete unumschränkte Monarchie hinterließ, so zeichnete er ihnen auch den Gang ihrer auswärtigen Politik vor. Er warf sich auf die bereits erschöpfte Türkei, entriß ihr 1696 Azow u. gewann dadurch festen Fuß am schwarzen Meere, dessen vollständiger Besitz Rußland nicht nur in die Reihe der ersten Handelsmächte erheben, sondern auch im Süden geradezu unangreifbar machen würde, weil Bosporus und Dardanellen in russ. Händen unbezwingliche Thore sein müßten. Die Herrschaft über das baltische Meer, welche Rußland einen gebietenden Einfluß über Schweden, Dänemark und einen Theil Norddeutschlands sichert, war ein zweiter Hauptzielpunkt seiner Politik, den P. in dem nordischen Kriege 1700–1721 erreichte, indem er die Macht Schwedens brach, Livland, Esthland u. Ingermanland eroberte. Auf erobertem, noch nicht abgetretenem Gebiete legte er 1703 Petersburg an, bestimmte es zur Residenz und nöthigte dadurch seine Nachfolger zur Eroberung Finnlands, das in schwed. Händen eine beständige Bedrohung Petersburgs war. Sein Plan, sich Mecklenburgs zu bemächtigen, gelang P.n zwar nicht, indessen leitete er bereits jene Familienverbindungen ein (vergl. Holstein und Dänemark), welche möglicher Weise die dän. Krone an das russ. Kaiserhaus bringen, dem ebensoviel daran liegt, den Sund und die Belte, als Bosporus und Hellespont schließen zu können. In dem nordischen Kriege behandelte P. Polen nach der Schlacht von Pultawa schon wie ein erobertes Land und seit jener Zeit war es seinem Schicksale bereits verfallen. 1711 machte P. einen unglücklichen Feldzug an den Pruth, die Türken waren aber indolent genug, den Czaren gegen die Unterzeichnung eines Vertrags aus seiner verzweifelten Lage zu entlassen, dessen wichtigste Bedingungen er nie erfüllte. Zuletzt wandte sich P. gegen Persien, entriß demselben 1722 Derbend, Baku, Asterabad, Masenderan u. Ghilan, wodurch er der russ. Macht den Weg nach Mittelasien öffnete; im äußersten Osten ließ er Kamtschatka besetzen, dessen Wichtigkeit erst in neuester Zeit bekannt geworden ist. Solche Erfolge berechtigten P.n sich Kaiser und den Großen zu nennen, wenn man auch seine Ansprüche auf das Verdienst, die abendländische Bildung in Rußland eingeführt und verbreitet zu haben, nicht anerkennt. – In seinem häuslichen Leben war P. nicht glücklich; seine erste Gemahlin Eudoxia verstieß er, und da ihr Sohn Alexei beharrlich der altruss. Partei Gehör gab und seine Gemahlin Charlotte Christine Sophie von Braunschweig-Wolfenbüttel schlecht behandelte, so wurde er seinem Vater immer mehr zuwider; Alexei entfloh zuletzt, wurde aber durch List nach Rußland zurückgebracht, als Empörer zum Tode verurtheilt und st. 1717 in Folge des erlittenen Schreckens. P.s zweite Gemahlin war Katharina I., s.d.; er st. 8. Febr. 1725, nachdem er noch festgesetzt hatte, daß der russ. Selbstherrscher seinen Nachfolger bestimmen solle.


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