Jüdische Schulwesen

Jüdische Schulwesen

Jüdische Schulwesen, das, kam seit dem Exil auf, weil beim Volke die althebräische Sprache immer mehr durch das Aramäische, eine Mischsprache, und andere lebende Sprachen verdrängt und damit die heiligen Schriften unverständlich wurden. Als man nach dem Exil in den Synagogen die heiligen Schriften öffentlich vortrug, mußte man in Palästina selbst dem Vorleser einen Uebersetzer beigeben; um 160 v. Chr. wurden Uebersetzungen (Targumim) niedergeschrieben und selbst vorgelesen. An Auslegungen, Abänderungen und Zuthaten war kein Mangel, und eigene Schulen für das Studium der Bibel und des Gesetzes (vgl. Hillel) kam en um so mehr auf, je höher das Ansehen der Rabbi und je mehr erfordert wurde, um ein solcher zu werden. Seit der Zerstörung Jerusalems waren es zumeist jüdische Schulen und Akademien, welche eine neue Blüte der Literatur und eine geistige Einheit der in alle Welt zerstreuten Juden vermittelten. So wurde Jamnia, später Tiberias, ein geistiges Jerusalem; daneben blühten in Palästina die Schulen und Akademien von Lydda, Cäsarea, Ziphoria, im Babylonischen Sora, Nehardea u.a., in Afrika Alexandrien, in Europa Rom. Nach dem Siege des Christenthums im röm. Reich dauerte die Bewegung, zu der die griechische Philosophie Anstoß gegeben, im innern Asien fort und mit der Herrschaft der Khalifen begann die glänzende Periode der s. g. Geonäer (von Gaon, einem Ehrentitel, der den Schulvorständen von Sora und Pumbeditha beigelegt wurde), die bis nach 1000 n. Chr. währte. Mit den Mauren kamen jüdische Schulen und Akademien nach Spanien; es blühten solche zu Cordova, Toledo, Barcelona, drangen über die Pyrenäen nach Südfrankreich (Toulouse) und halfen die arabische Bildung im 13. Jahrhundert mit der des Abendlandes vermitteln. Auch in Deutschland und Italien, wo ein noch höherer Titel als der eines Rabbi erfunden wurde, gedieh das j. Sch., im 16. Jahrhundert auch in Polen, allein im Ganzen verknöcherte es seit dem Ende des Mittelalters. Neuen Aufschwung brachte das 18. Jahrhundert durch Mendelssohn, Wessely u.a. Von Berlin aus verbreiteten sich gelehrte jüdische Schulen, Erziehungsanstalten, sogar Lehrerseminarien (Berlin, Dessau, Hamburg, Prag, Wolfenbüttel u.s.f.) und 1854 ward wieder eine jüdische Universität zu Breslau gegründet – aber mit dem alten Rabbithum wurde vielfach der alte Glaube selber weggeworfen und es entspann sich ein Kampf der Reformjuden und Jungisraels mit dem orthodoxen Judenthum, der noch gegenwärtig fortdauert.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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