Erbsünde

Erbsünde

Erbsünde, Sünde des Menschengeschlechtes, peccatum hereditarium originale oder naturae, nennt man den Antheil, welchen jeder einzelne Mensch an der ersten Sünde unserer Stammeltern trägt und mit zur Welt bringt. Weil Gott aus Einem Blute das ganze Menschengeschlecht gemacht hat, deßhalb war Adams Sünde die aller seiner Nachkommen, von denen jeder als ein todeswürdiger Sünder geboren wird (Apg. 17, 26–30 und Röm. 5, 12). Die Folgen der E. sind der Verlust der heiligmachenden Gnade Gottes und der übernatürlichen ewigen Seligkeit, die Empörung der Natur gegen den Menschen und zwar der Natur in ihm, der Kampf des Fleisches gegen den Geist, und der Natur außer ihm, endlich der Tod. Ueber die Natur der E. sowie über die Art und Weise, wie dieselbe in uns sei, hat die Kirche nichts festgesetzt, obwohl die E. eine Hauptlehre des Christenthums ist, Adam und Christus als Hauptangelpunkte des Entwicklungsganges der Menschheit betrachtet werden und die E. ihren Ausdruck im uralten Gebrauche der Kindertaufe und der damit verbundenen Exorcismen fand. Pelagius leugnete die E., erklärte die menschliche Natur für rein u. den Tod für naturnothwendig. Gegen ihn trat Augustinus auf und schrieb: »Nicht ich habe die E. erfunden, sie ist vielmehr Gegenstand des kathol. Glaubens von Alters her!« – Dem Pelagianismus trat 416 die Kirche durch die Synoden von Mileve in Afrika und die 2. von Arausio (Orange) in Gallien 529 entgegen und die Bestimmungen der letztern hielt das Tridentinerconcil fast wörtlich fest. Die E. ist eigentliche, innewohnende Sünde, aber nur hinsichtlich der ersten Menschen Thatsünde, ein Akt persönlicher Freiheit, weßhalb die Kirche von uns keine eigentliche Reue über die E. fordert und den Zustand derselben mit dem Aufkommen einer natürlichen Erkenntniß u. natürlichen Liebe zu Gott verträglich hält. Der Protestantismus hingegen entwickelte, den hl. Augustin mißverstehend, dessen Grundlehren in schroffster Form bis zur Prädestinationstheorie, welche wesentlich beitrug, den protestant. Lehrbegriff in tausendköpfige Meinungen zu zersplittern.


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  • Erbsünde — (Peccatum originis, Peccatuum originale, Peccatum hereditarium), die von Adam u. Eva (1. Mos. 3,16–19. Röm. 5, 12. Pecc. originans) auf alle von denselben abstammende Nachkommen übergegangene vererbte moralische Unvollkommenheit (Trägheit zum… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Erbsünde — (Peccatum s. Vitium originis, Peccatum originale), ein wesentliches Stück sowohl der katholischen als auch besonders der protestantischen Dogmatik. In der alten Kirche liefen über 300 Jahre lang bezüglich des zu erklärenden Tatbestandes der… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Erbsünde — (lat. peccātum origināle, origĭnis, hereditarĭum), in der christl. Dogmatik die allgemeine durch den Fall Adams entstandene, sich von Geschlecht zu Geschlecht forterbende Sündhaftigkeit der Menschen, nach Augustin eine naturhafte, aber das… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Erbsünde — Erbsünde, die von den ersten Menschen auf uns übergegangene moralische Unvollkommenheit zum Guten und Geneigtheit zum Bösen, durch deren Bekämpfung wir uns zum wahren Tugendleben, dessen Ideal Christus ist, aufschwingen sollen …   Damen Conversations Lexikon

  • Erbsünde — Sf std. (13. Jh.), mhd. erbesünde Stammwort. Lehnübersetzung von l. peccātum hērēditārium n. für die Sünde, die die Menschheit von Adam geerbt hat. ✎ LM 3 (1986), 2117 2120. deutsch s. Erbe, s. Sünde …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Erbsünde — Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben. Fresko von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle, Anfang des 16. Jahrhunderts Erbsünde (lat. peccatum originale originatum) bezeichnet in der christlichen Theologie den durch die Ursünde (lat …   Deutsch Wikipedia

  • Erbsünde — Ẹrb|sün|de 〈f. 19; unz.〉 nach christl. Lehre die infolge des Sündenfalls Adams u. Evas jedem Menschen angeborene Sündhaftigkeit * * * Ẹrb|sün|de, die [mhd. erbesünde, LÜ von lat. peccatum hereditarium] (christl. Rel.): durch den Sündenfall dem… …   Universal-Lexikon

  • Erbsünde — Die Erbsünde ist der dorn, dauon alle missethat kumbt. – Agricola II, 286 …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Erbsünde, die — Die Êrbsünde, plur. inus. in der Gottesgelehrsamkeit der Protestanten, die angeerbte, oder angeborne Neigung zum Bösen. Die Römische Kirche setzet die Erbsünde bloß in der Beraubung der besondern übernatürlichen Gnadengaben, welche die ersten… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Erbsünde —    ein deutsches, mißverständliches Wort, im 15.–16. Jh. geprägt u. von M. Luther († 1546) verbreitet, mit dem in der heutigen Theologie eine negative Vorprägung der ganzenMenschheit bezeichnet wird, eine Vorprägung, weil sie von Anfang an u.… …   Neues Theologisches Wörterbuch

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