- Sünde
Sünde (von sühnen, daher wörtlich: was der Sühne bedarf), engl. sin, lat. peccatum, italien. peccato, franz. péché, im allgemeinsten Sinne die Abweichung von einem Gesetze od. einer Regel (hieher gehören die Ausdrücke: grammatische, poetische, orthographische u.s.f. S.), dann die Abweichung vom Willen Gottes, im engsten Sinne die freiwillige Uebertretung des erkannten göttlichen Gesetzes durch Gedanken und Begierden, Worte und Werke, sowie durch Unterlassung des Guten, das man zu thun schuldig ist. Die S. ist das größte Uebel, weil sie eine Auflehnung gegen Gott in sich schließt und uns zeitlich u. ewig unglücklich machen kann; sie ist ferner ein unbegreiflich großes Uebel, denn so wenig wir einer vollkommenen Vorstellung der Majestät Gottes fähig sind, ebensowenig haben wir einen vollkommenen Begriff von der Beleidigung, welche Gott durch die S. zugefügt wird. Man unterscheidet Tod-S., die freiwilligen Uebertretungen eines solchen Gebotes, das wir bei Strafe der ewigen Verdammniß halten müssen, von der läßlichen S. d.h. von einer solchen S., deren Nachlassung auch ohne Beicht erlangt wird, sei es weil das übertretene Gebot nicht zu den wichtigen gehörte oder weil beim Sünder die klare Erkenntniß des Bösen oder die volle Zustimmung seines Willens fehlte. Gewöhnlich theilt man die S. ab in die 7 Haupts. n, welche gleichsam die Wiege aller andern sind (Hoffart, Geiz, Unkeuschheit, Neid, Fraß und Völlerei, Zorn und Trägheit) und 6 S.n wider den hl. Geist, welche unser Herz der göttlichen Gnade verschließen, damit unsere Bekehrung verhindern oder doch außerordentlich erschweren und deßhalb auch selten Vergebung finden (Matth. XII, 32); letztere heißen: vermessentlich auf Gottes Barmherzigkeit sündigen, an Gottes Gnade verzweifeln, der erkannten christlichen Wahrheit widerstreben, seinen Nächsten um der göttlichen Gnade Willen beneiden, gegen heilsame Ermahnungen verstockt bleiben, in der Unbußfertigkeit vorsätzlich beharren. Ferner die 4 himmelschreienden S.n, die gleichsam um Rache zum Himmel schreien: vorsätzlicher Todtschlag, Sodomiterei, Unterdrückung der Armen, Wittwen und Waisen, Vorenthaltung oder Entziehung des Tag- od. Arbeitlohnes. Endlich die 9 fremden S., die zwar nicht unmittelbar von uns begangen werden, an denen wir uns aber mitschuldig machen, durch Rath, Geheiß, Einwilligung, Reizung, ferner indem wir die S. loben, dazu stillschweigen, sie straflos lassen, fremden Gutes uns theilhaftig machen oder fremde S.n in Schutz nehmen. – S. des Menschengeschlechts, s. Erbs.; S. nvergebung, s. Absolution, Beicht, vgl. Ablaß, Buße, Kirchenbuße; Sündfluth, s. Noah; Sündhaftigkeit, das Behaftetsein mit der S., welches zuständlich werden und bis zu jener Verteuflung des Gemüthes fortschreiten kann, durch welche die Ewigkeit der Höllenstrafe als ein nothwendiger Act der ewigen Gerechtigkeit begreiflich wird.
http://www.zeno.org/Herder-1854.