Nominalismus

Nominalismus

Nominalismus, nannte man die aristotelisch-scholastische Philosophie des Mittelalters, weil sie im Gegensatze zur platonisch-scholastischen oder zum Realismus von der Grundansicht ausging, die universalia liefen lediglich auf nomina oder flatus vocis hinaus d.h. die Allgemeinbegriffe seien nur leere Namen, Gedankendinge, denen nichts in der Wirklichkeit entspreche, denn es gebe in der Wirklichkeit nirgends allgemeine Begriffe, weder Gattungen noch Arten, sondern eben lauter Einzeldinge, die man mit den Sinnen wahrnehme u. sich vorstelle. Der N. leugnete folgerichtig das Vorhandensein der Vernunftbegriffe, beschränkte die ganze natürliche Erkenntniß auf die Erfahrung u. schnitt damit der Philosophie gleichsam ihren Lebensnerv ab; auf das theologische Gebiet übergetragen, war er offenbar gefährlich, wie denn schon Roscelin, welchen man gewöhnlich als den frühesten Nominalisten betrachtet u. der seine dialektische Ansicht sofort auf die Lehre von der hl. Dreifaltigkeit anwendete, des Tritheismus (der Dreigötterei) beschuldigt u. 1092 von der Synode von Soissons zum Widerruf gezwungen wurde. Der Realismus behauptete hinsichtlich der universalia das Gegentheil des N., hielt an der Wirklichkeit der Vernunftbegriffe fest, ließ somit der Vernunft ein selbständiges Erkenntnißgebiet und vertrug sich damit nicht nur leichter mit der Kirchenlehre, sondern mit der Philosophie selber und namentlich mit der richtigen Würdigung der außerchristlichen Metaphysik. Später wurde die seit Abälards Zeiten sich bildende, zwischen N. und Realismus vermittelnde Ansicht herrschend: das Allgemeine sei allerdings nur ein Gedachtes und Vorgestelltes, aber als solches nicht nur im denkenden Subject, sondern in den Dingen selbst wirklich vorhanden, denn wenn dies nicht der Fall wäre, so könnte man aus den Dingen auch kein Allgemeines abstrahiren. Solche Vermittlung gründete sich auf die Voraussetzung: was schlußgerecht bewiesen sei, verhalte sich in der Wirklichkeit ebenso wie im logischen Denken. Zuletzt siegte durch Occam (s. d.) der N. abermals, die Folgezeit aber bewies, daß die Realisten u. Theologen bei der Bekämpfung des N. scharfe Augen gehabt hatten.


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  • Nominalismus — (neulat.), die philosophische Ansicht vom Wesen und von der Bedeutung der allgemeinen Begriffe, wonach diese bloß Produkte des abstrahierenden Denkens sind. Der Sache nach ging er bis auf die Kyniker und Stoiker zurück, der Name entstand erst zur …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

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  • Nominalismus — No|mi|na|lịs|mus 〈m.; ; unz.〉 1. 〈Scholastik; Sprachw.〉 Lehre, dass die allg. Begriffe, z. B. die der Gattungen, nur Namen sind u. nichts Wirkliches bedeuten 2. 〈Wirtsch.〉 ökonomische Lehre, nach der Geld nur das Symbol für einen Wert, nicht… …   Universal-Lexikon

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  • Nominalismus —    (lat. = Namenstheorie), eine erkenntnistheoretische, metaphysische u. theol. Richtung der Spätscholastik am Ende des Mittelalters (Ockhamismus). Nach ihr haben die allgemeinen Begriffe (”universalia“) keine jeweils eigene Realität; sie sind… …   Neues Theologisches Wörterbuch

  • Nominalismus — No|mi|na|lịs|mus 〈m.; Gen.: ; Pl.: unz.; Scholastik; Sprachw.〉 Lehre, dass die allg. Begriffe, z. B. die der Gattungen, nur Namen sind u. nichts Wirkliches bedeuten; Ggs.: Realismus (5); →a. s. Ockhamismus …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Nominalismus — No|mi|na|lis|mus der; <zu ↑...ismus> sich gegen den Begriffsrealismus Platos wendende Denkrichtung der Scholastik, wonach den Allgemeinbegriffen (= Universalien) außerhalb des Denkens nichts Wirkliches entspricht, sondern ihre Geltung nur… …   Das große Fremdwörterbuch

  • Nominalismus — No|mi|na|lịs|mus, der; (eine philosophische Lehre) …   Die deutsche Rechtschreibung

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