- Ludwig I. [2]
Ludwig I., König von Frankreich, ist bei den Franzosen Ludwig der Fromme, s. d. – L. II., der Stammler, Sohn Karls des Kahlen, geb. 846, Nachfolger seines Vaters 877, st. 879. – L. III., Sohn des Vorigen, König von 879 bis 882, st. unbeerbt. – L. IV. (dʼOutremer, Uebermeer, weil er in England erzogen war, genannt), Enkel L.s II., König von 936–54. – L. V., der Faule, Enkel des Vorigen, König von 986–87, der letzte französ. Karolinger; s. Band II. S. 757. – L. VI., der Dicke, König von 1108–37, suchte mit Erfolg in den untern Ständen eine Stütze der königl. Macht gegen die großen Vasallen. – L. VII., Sohn des Vorigen, König von 1137–80, bekannt durch seinen unglücklichen Kreuzzug mit dem deutschen König Konrad III., ließ sich von seiner ersten Gemahlin, der Erbtochter Eleonore von Aquitanien, trennen, wodurch dieses Land, als Eleonore Heinrich II. von England heirathete, an die engl. Könige fiel, die dadurch auf franz. Boden übermächtig wurden. – L. VIII., Enkel des Vorigen, König von 1223 bis 1226, führte glückliche Kriege gegen die Engländer u. den Grafen von Toulouse. – L. IX., der Heilige, Sohn des Vorigen, geb. 1215, regierte zuerst unter der Vormundschaft seiner trefflichen Mutter Blanca von Castilien, schloß mit England einen günstigen Frieden, ordnete die Rechtsverhältnisse der Krone zu der Kirche, befestigte die königl. Gewalt gegenüber den großen Vasallen, sicherte die Rechtspflege durch ein Gesetzbuch, zeigte überhaupt sowohl in den inneren Angelegenheiten als in seiner Politik gegen das Ausland eine solche Weisheit u. Gerechtigkeit, daß er von seinen Unterthanen und den benachbarten Völkern als der beste Fürst seiner Zeit verehrt wurde. Im Jahr 1248 unternahm er einen Kreuzzug, eroberte 1249 Damiette in Aegypten, verlor aber einen Theil seines Heeres im Kampfe gegen die Mamelucken, wurde mit dem Reste gefangen u. mußte sich mit 800000 Byzantinern (Goldstücken) auslösen. Er kehrte 1254 zurück und unternahm 1270 einen Zug gegen Tunis, wo er am 25. August im Lager st. Wurde 1297 canonisirt. – L. X., König von 1314–16, bekriegte die Engländer ohne großen Erfolg; unter ihm begannen bereits die Wirren, welche unter seinen Nach folgern Frankreich an den Rand des Verderbens brachten. – L. XI., geb. 1423, Sohn Karls VII., König von 1461–83, empörte sich als Dauphin gegen seinen Vater, führte 1414 die Armagnaken gegen die Schweizer, stellte als König die Macht Frankreichs wieder her, s. Bd. II. S. 759. Er war ein gewissenloser, grausamer, abergläubischer Mann, aber der beste Politiker seiner Zeit u. ein ausgezeichneter Staatswirth, so daß man ihn gewöhnlich mit Kaiser Tiberius vergleicht. – L. XII., König von 1498–1515, verminderte die Steuern und wurde deßwegen der Vater des Volks genannt, eroberte 1499 Genua u. Mailand, bald darauf Neapel, verlor dasselbe jedoch 1503 an die Spanier wieder, nahm an der Liga von Cambrai 1509 gegen Venedig Antheil, sah sich jedoch unmittelbar darauf von der sog. hl. Liga (s. Liga) angegriffen; anfangs kämpfte er glücklich, verlor aber 1513 durch die Schlacht von Novara Oberitalien und nur die Uneinigkeit seiner Feinde machte es ihm möglich, das Herzogthum Burgund zu behaupten. – L. XIII., Sohn Heinrichs IV., geb. 1601, König 1610, regierte zuerst unter der Vormundschaft seiner Mutter, die sich Spanien näherte u. die Hugenotten als Religionspartei unterdrücken wollte, wodurch neuer Bürgerkrieg entstand. Von seinem Günstling de Luynes geleitet, schüttelte zwar der König 1617 die Herrschaft seiner Mutter ab, aber erst 1624 mit dem Eintritte des Cardinals Richelieu in den Staatsrath erfolgte eine vollständige Wendung; die Hugenotten wurden als politische Partei vernichtet, die letzten Empörungsversuche des hohen Adels für immer niedergeschlagen, die Parlamente in enge Schranken gewiesen, die Kraft Frankreichs nach außen gegen Oesterreich u. Spanien gewandt; s. Frankreich. L. st. d. 14. Mai 1643. – L. XIV., Sohn des Vorigen, geb. d. 5. Septbr. 1638, König von 1643 bis 1715, regierte zuerst unter der Vormundschaft seiner Mutter, Anna von Oesterreich (eigentlich von Spanien), und der Leitung des Cardinals Mazarin, welche die Fronde (s.d.) mit Mühe besiegten, gewann im westfäl. Frieden 1648 den größeren Theil des Elsaß, in dem Pyrenäen-Frieden von Spanien Roussillon und Conflans. Nach dem Tode Mazarins (1661) ergriff er die Zügel der Regierung selbst und verschaffte Frankreich in jeder Beziehung den 1. Rang unter den europ. Mächten. Spanien entriß er 1667 Artois und Theile von Flandern und behauptete sie 1668 im Friedensschlusse zu Aachen; 1670 eroberte er Lothringen, griff 1672 Holland an, wurde zwar dadurch in einen Krieg mit Spanien u. Deutschland verwickelt, behielt aber im Frieden von Nimwegen 1678 doch mehre Gränzplätze in den span. Niederlanden, die Franche Comté und auf dem rechten Rheinufer Freiburg u. Breisach. Durch die Reunionskammern (s.d.) fügte er seinen Eroberungen noch manche Orte im Elsaß und den Niederlanden hinzu, nahm 1681 Straßburg mitten im Frieden weg, fing 1688 einen neuen Krieg mit Deutschland an, in welchem seine Waffen zwar meistens siegreich waren, ohne jedoch im Frieden zu Ryswick. 1697, Vortheile wie die früheren einzubringen. L. XIV. erreichte 1700 das Ziel seiner sehnlichsten Wünsche u. mit allen Mitteln unterstützter Plane: sein Enkel wurde von dem König Karl von Spanien zum Erben eingesetzt; aber damit begann auch der span. Erbfolgekrieg, in welchem das deutsche Reich, England, Holland, Savoyen und Portugal gegen Frankreich auftraten. Die Schlacht von Höchstädt (13. Aug. 1704) vertrieb die Franzosen aus Deutschland, die von Turin (1706) aus Italien, die von Oudenarde (1707) aus den Niederlanden, die feindlichen Armeen erschienen auf dem franz. Boden; Frankreich war erschöpft, aber in Spanien hatte L.s XIV. Enkel durch die Unterstützung der Nation die Oberhand gewonnen, u. der Tod Kaiser Josephs I., der seinen Bruder Karl, dem die Verbündeten die span. Krone zugedacht hatten, zum Erben der österr. Monarchie machte, löste das Bündniß der Mächte auf. Zuerst trat England, hierauf Holland zurück, das deutsche Reich aber gewährte dem Kaiser nicht so viele Mittel zur Fortsetzung des Kampfes, als Frankreich seinem Könige. Daher folgte auf den Frieden von Utrecht (1713) der von Baden u. Rastatt (1714), in welchem nur Spanien, Frankreich aber nichts verlor; doch erlebte es L. XIV., daß seine Absicht, die span. Kolonien dem französ. Handel zu öffnen, an der ererbten span. Politik scheiterten. Seine kriegerische Laufbahn war mit dem span. Erbfolgekriege geschlossen; dagegen waren seine letzten Jahre durch religiöse Parteiung beunruhigt, indem der Jansenismus (s.d.) zum Einschreiten der königl. Gewalt Veranlassung gab. Früher hatte L. XIV. nicht nur den päpstlichen Stuhl mit Uebermuth behandelt, sondern 1682 durch Declaration des gallicanischen Klerus 4 Punkte aufstellen lassen, welche unter Umständen zu einem förmlichen Schisma führen konnten (s. Gallikanische Kirche). Dagegen hob er 1685 das Edict von Nantes auf, wodurch er eine Masse Hugenotten zur Auswanderung trieb u. veranlaßte durch die Dragonaden und hohe Kopfsteuer den Aufstand der Camisarden (s. Dragonaden u. Camisarden). Diese verschiedene Handlungsweise war Ausfluß seiner despotischen Natur, die er in dem bekannten Ausspruche: lʼétat cʼest moi (ich bin der Staat) offenbarte u. demgemäß er auch seine Unterthanen so wie deren Eigenthum unbeschränkt verwenden zu dürfen glaubte. Dessenungeachtet wird er immer unter den größten Monarchen genannt werden; er gab durch seine Kriege Frankreich jene Ausrundung u. Macht, durch die es gegen jeden Angriff von außen sich er gestellt ist, wenn es seine Kraft nicht in Eroberungskriegen vergeudet hat; unter ihm hob sich die franz. Literatur u. Kunst zur ersten in Europa, bemächtigte sich der franz. Geschmack und Gewerbsfleiß der Artikel, welche er noch unbestritten behauptet; er hat mit einem Worte in den Franzosen jenen Nationalgeist ausgebildet, der seitdem so manches Staunenswerthe geschaffen hat. L. XIV. st. 1. Sept. 1715, nachdem er bis auf seinen Urenkel Ludwig XV. alle seine legitimen Nachkommen hatte sterben sehen. (S. Simon: Mémoires complètes et authentiques sur le siècle de Louis XIV.; Paris 1829, 16 vol.) Vergl. Bd. II. S. 760.
http://www.zeno.org/Herder-1854.