Lavater

Lavater

Lavater, Johann Kaspar, einer der merkwürdigsten u. einflußreichsten Schriftsteller des vorigen Jahrh., geb. 1741 in Zürich, studierte Theologie, wurde 1769 Diakon. 1775 Pastor in seiner Vaterstadt, kam durch wiederholte Reisen in Deutschland (1761, 1774) in Berührung mit vielen literarischen Größen seiner Zeit, wurde 1799 des Einverständnisses mit den Oesterreichern angeklagt und nach Basel transportiert, daselbst aber freigesprochen, erhielt dann am 26. Septbr. desselben Jahres beim Einrücken der Franzosen unter Massena in Zürich von einem Soldaten (es war ein sanskülottisch gesinnter Waadtländer) einen Schuß u. st. am 2. Januar 1801 an den Folgen desselben. Göthe fand bei L. »die wunderbarste Mischung von Stärke und Schwäche des Geistes, von Schwung und Tiefe der Gedanken und tiefer Schwärmerei, von Edlem u. Lächerlichem«; das unedelste und ergötzlichste an L. war frömmelnde Selbstüberhebung, wie dieselbe z.B. in dem Tagebuche eines Beobachters seiner selbst zu Tage tritt, und mit der ein allenthalben großredig hervortretender Prophetenton im Bunde steht. Ein eigentlicher Dichter war L. nicht und lieferte viele Beweise dafür: Schweizerlieder voll Steifheit u. freiheitsrednerischem Pathos, den Jesus Messias, eine wortreiche u. sentimentale Nachahmung des Klopstockʼschen Epos u.s.w.; in L.s Christusseligkeit fanden scharfblickende Zeitgenossen wie Göthe Selbstanbetung genug, dabei bleibt aber richtig, daß L. über solche Selbsttäuschung niemals klar wurde, sowie daß er es mit allen Menschen gut und edel meinte und seiner Christusseligkeit mit unermüdetem Eifer andere theilhaftig zu machen strebte. Am meisten Rumor erregten die »Physiognomischen Fragmente« (Leipzig und Winterthur 1775–78 mit vielen Tafeln), worin L. den alten Erfahrungssatz, daß das Antlitz der Spiegel der Seele sei, in hochtrabender Sprache voll gemachter Begeisterung ins Kleinlichste anwendete und mit geistreichen u. frappanten Vergleichungen die Nase zum Hauptkriterium seiner Urtheile erhob. Der Arzt Zimmermann focht mit gewohnter Grobheit für die Fragmente seines Landsmannes, die von Musäus u.a., am köstlichsten von Lichtenberg persiflirt wurden. Ausgewählte Schriften herausgegeben durch Orelli, Zürich 1841–44, 8 Bdchn. Lebensbeschreibung von Geßner. ebendas. 1802, 3 B.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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