Grégoire

Grégoire

Grégoire (Gregoahr), Henri, der bekannte Bischof von Blois, geb. 1750 zu Vého bei Luneville, der Sohn armer Landleute, war zuerst Lehrer im ehemal. Jesuitencolleg zu Pont-à-Moußon, wurde alsdann geistlich u. erwarb als Pfarrer von Embremesnil die ganze Liebe seiner Pfarrkinder sowie durch eine Lobrede auf die Dichtkunst u. namentl. durch den gekrönten »Versuch über die moral., phys. und bürgerl. Wiedergeburt der Juden« Ruf als freisinniger Schriftsteller. Beim Ausbruch der Revolution kam er in die constituirende Versammlung u. bewährte sich fortan als ein ebenso einseitiger Freund »des Volkes« wie als Gegner aller monarchischen Einrichtungen und aller Privilegierten. Der Anschluß der Geistlichen an den 3. Stand, der Tag des Bastillensturmes, das wachsende Ansehen des Clubs der Bretagne (der spätern Jakobiner), die Umgestaltung der kirchl. Verhältnisse Frankreichs (G. war einerseits gegen Talleyrands Vorschlag, das Kirchengut zum Nationalgut zu machen, anderseits einer der ersten, die am 2. Jan. 1791 die neue Constitution des Clerus beschworen, nahm das Bisthum Blois an, obwohl der rechtmäßige Inhaber nicht verzichtete und wählte in seiner Verblendung den schändlichen Chabot zu seinem Generalvicar), der Prozeß des Königs, den er vorher pensioniren wollte, schriftlich für schuldig erklärte, aber als Gegner der Todesstrafe am Leben zu erhalten gedachte, endlich die Proclamirung der Republik – dies Alles setzte den G. in fieberhafte Thätigkeit. Beim Sturz der Girondisten glaubte er als Präsident des Conventes den mordsüchtigen Pöbel durch Anreden beschwichtigen zu können, erklärte am 7. Novbr. 1793 bei Gobels Abfall laut seine Anhänglichkeit an die Religion und imponirte selbst dem Robespierre, indem er trotz allen Drohungen sogar als Präsident des Conventes seinen violetten Talar beibehielt. G.ʼs Rede über die Freiheit des Gottesdienstes (21. Dezbr. 1794) wurde in viele Sprachen übersetzt. Bald nahmen die Wiederbesetzung der bischöfl. Stühle, die Schulen, die Gründung des Nationalinstitutes, unter dem Directorium, wo G. als ziemlich einsamer Republikaner im Rath der 500 saß, die Reinigung des Clerus von Verbrechern und Verheiratheten, das Nationalconcil v. 1797 und dessen Folgen den G. in Anspruch. Unter dem Consulat wurde er Präsident des gesetzgebenden Körpers, sah in Napoleon anfangs einen Washington, erlebte aber bald die Wiederherstellung der Sklaverei auf St. Domingo, gegen die G. mit Feuereifer gewirkt hatte, u. die Errichtung einer Militärmonarchie. G. mußte 1801 auf sein Bisthum resigniren, wurde von Napoleon nicht wieder erwählt, später jedoch mit dem Grafentitel bedacht und blieb als Senator ein beharrlicher Gegner der Monarchie. Unter der Restauration erlangte G. keinen Einfluß u. st. 1831, nur insgeheim mit den Sterbesacramenten versehen, da er den Constitutionseid von 1791 nicht widerrufen wollte, der Erzbischof von Paris ihm aber deßhalb die Sterbesacramente nicht gewähren konnte. G.ʼs Schriften leiden an Einseitigkeit, Oberflächlichkeit u. Haß gegen die Verfassung der Kirche, seine Memoiren gab Carnot der jüngere heraus, Paris 1839.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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