Wellington

Wellington

Wellington (Uëllingtn), Arthur Wellesley, Herzog von W., von Ciudad Rodrigo und Vittoria, Fürst von Waterloo, Viscount von Talavera, Marquis von Douro und Torres Vedras, Graf von Vimieira, Feldmarschall in England, Portugal, Spanien, Holland, Preußen, Oesterreich und Rußland, Großkreuz u. Ritter aller vornehmsten Orden Europas, geb. 1. Mai 1769 zu Duncancastle in Irland, trat 1787 in das brittische Heer, focht 1794 als Oberstlieutenant in Holland, ging 1797 als Oberst nach Ostindien, zeichnete sich gegen Tippo Sahib und die Mahratten aus und kehrte 1805 als Generallieutenant nach Europa zurück. 1807 commandirte er die Landungstruppen vor Kopenhagen, führte 1808 ein Heer nach Portugal, landete bei Mondego und schlug Junot bei Vimieira, der durch die Capitulation von Cintra Portugal räumte. 1809 erhielt W. endlich den Oberbefehl, nahm Oporto, drängte Soult nach Galicien zurück, schlug Jourdan und Victor bei Talavera, wich vor der Uebermacht der Franzosen nach Portugal in die Linien von Torres Vedras zurück, gegen die Massena bis März 1811 seine Truppen umsonst verbrauchte. 1812 nahm er Ciudad Rodrigo und Burgos, siegte über Marmont bei Salamanca und nahm Madrid, zog sich jedoch abermals nach Portugal zurück, weil die Franzosen ihm eine überlegene Armee entgegenstellten und er für seine Truppen die nöthigen Lebensmittel nicht aufbrachte. Im Mai 1813 rückte er in Spanien ein, umging die franz. Aufstellung und nöthigte den König Joseph am 21. Juni zu der entscheidenden Schlacht bei Vittoria. Im Juli schlug er Soults Angriffe in den Pyrenäen zurück, eroberte im Herbste S. Sebastian und Pampeluna und vertrieb am 10. Nov. Soult aus der Stellung bei Nivelle. Am 27. Febr. 1814 gewann er gegen diesen die Schlacht bei Orthez, am 10. April die bei Toulouse, worauf die Kunde von der Abdankung Napoleons I., den Feindseligkeiten ein Ende machte. Für diese Erfolge erhielt er die oben bei seinem Namen angegebenen Ehrentitel, vom engl. Parlamente 300000 Pfd. St. und den Herzogstitel W, von den Cortes ein großes Landgut in Granada und von Ferdinand VII. die Würde eines Granden erster Klasse. Nach dem Kriege ging er als engl. Bevollmächtigter nach Paris, später nach Wien, wo er die Achterklärung Bonapartes unterzeichnete. Am 6. April 1815 übernahm er den Oberbefehl über die engl.-holländ.-hannöv.-braunschw.-nass. Armee in den Niederlanden, von etwa 100000 Mann, versprach Blüchern seine Mitwirkung, als Napoleon I. über die Sambre hervorbrach, konnte aber bei Ligny nicht eintreffen, weil er sein Heer nicht vereinigt hatte u. bei Quatrebras die Angriffe Neys nur mühsam zurückwies. Dagegen widerstand er bei Waterloo (s. d.) dem gewaltigen Stoße der franz. Hauptarmee, bis Blücher herankam und die Niederlage der Franzosen und mit derselben auch den Krieg entschied. W. wurde jetzt Fürst von Waterloo, erhielt vom Parlamente 200000 Pfd. St., von dem König von Portugal ein Silbergeschirr im Werth von 1 Mill. Thlr., von den Monarchen von Oesterreich, Preußen und Sachsen die kostbarsten Porcellanservice, von der Londoner Kaufmannschaft einen silbernen Schild etc. Bei dem Friedensschlusse zu Paris wirkte er besonders gegen die deutschen Interessen, befehligte hierauf 1816 die Occupationsarmee in Frankreich u. trat seitdem von dem militärischen Schauplatze ab. Die Franzosen lassen W. kaum als mittelmäßigen Feldherrn gelten, schreiben seine Erfolge dem Glücke zu (»der Held des Zufalls«), während die Engländer ihn zum ersten Feldherrn des Jahrhunderts erheben. Daß er so wenig als Blücher dem Genie Napoleons I. gewachsen war, beweist der kurze Feldzug von 1815 unwiderleglich, daß aber beide nach den blutigen Tagen von Quatrebras und Ligny die Schlacht bei Waterloo planmäßig herbeiführten und gewannen, würde beiden ohne ihre früheren Siege einen Platz unter den großen Feldherrn sichern. W.s Feldzüge auf der pyrenäischen Halbinsel sind allerdings nicht durch entscheidende Schläge ausgezeichnet, wie sie Napoleon I. und einige republikanische Generale ausführten, aber er leistete mit seinem Heere, dessen Kraft er genau kannte, so viel als möglich war, rieb dasselbe nicht durch gewagte Unternehmungen noch durch Vernachlässigung in Herbeischaffung der Subsistenzmittel auf, was franz. Heeren schon so oft widerfuhr. In der Behandlung seiner widerwilligen portugies. und span. Bundesgenossen bewies er einen ungewöhnlichen Verstand, sowie er die franz. Befehlshaber u. Soldaten weder übernoch unterschätzte und je nach den gegebenen Umständen dieselben durch feste Stellungen, Verwüstung des Landes, rasche Angriffe oder unerwartetes kaltblütiges Zurückweichen zur Verzweiflung brachte. Er hatte nicht den Auftrag, alles für eine schnelle Befreiung Spaniens zu wagen, was gegen Napoleon I. sicher mißlungen wäre, sondern den Krieg so zu führen, daß Spanien für Napoleon I. eine offene Wunde blieb, die dessen Verderben herbeiführen mußte, sobald es ihm nicht gelang, das andere Europa zu erdrücken. Diese Aufgabe begriff und löste er nicht als Günstling des Glücks, sondern als ein methodischer Kriegsmeister, wie die »W.s dispatches« (12 vol., Lond. 1836–38) bezeugen. Auch als Staatsmann ist W. durch Ernst, Festigkeit und Einsicht characterisirt. Er war Tory und bis 1827 auf Congressen und Gesandtschaften beschäftigt, trat hierauf gegen Canning in die Vorderreihe der Parteiführer und wurde 1828 nach Goderichs Abdankung Haupt eines torystischen Ministeriums. Nichtsdestoweniger setzte er 1829 dem Geschrei der Hochtorys zum Trotze die Emancipation der Katholiken durch, weil er deren Nothwendigkeit erkannte u. bahnte mit Peel die ersten Schritte zu einer Zollreform an. Die Julirevolution 1830 brachte W. in eine unhaltbare Stellung, er konnte nach seiner bisherigen Haltung als Minister in eine Parlamentsreform nicht einwilligen, daher überließ er sie den Whigs und trat ab. Später übernahm er eine vermittelnde Rolle zwischen den Torys und Whigs, unterstützte die finanziellen und nationalökonomischen Maßregeln Robert Peels, während die Nation zugleich überzeugt war, daß sein Rath in den auswärtigen Angelegenheiten das unbedingte Vertrauen der Königin habe u. verdiene. Dadurch wurde er der populärste Name (»the iron ducke«, der eiserne Herzog) in Großbritannien, das seinen am 14. Septbr. 1852 zu Walmercastle erfolgten Tod als ein Nationalunglück betrauerte. Seine 2 Söhne: Arthur Richard, Herzog von W., geb. 1807, und Lord Charles Wellesley, geb. 1808, sind Generale, von denen man wenig hört.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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