- Macchiavelli
Macchiavelli (Makiawelli), Niccolo di Bernardo dei, einer der berühmtesten Staatsmänner und Schriftsteller der neuern Zeit, geb. 1469 zu Florenz aus einer altadeligen aber wenig begüterten Familie, classisch gebildet, namentlich durch den Staatsmann und Philologen Marcellus Virgilius, kam nach der 1493 erfolgten Vertreibung der Mediceer empor, leistete seinen Landsleuten die wichtigsten diplomatischen Dienste (so führte er 1500–1511 die Verhandlungen mit auswärtigen Mächten, namentlich am kaiserl., päpstl. und französ. Hofe) und wurde Staatssecretär. Als aber 1513 die Mediceer wiederum ans Ruder gelangten, wurde M. als einer der ersten seiner Aemter entsetzt, bald wegen angeblicher Theilnahme an einer Verschwörung gegen Johann von Medici eingekerkert, gefoltert, nach seiner Freilassung auf sein kleines Landgütchen außerhalb Florenz verbannt. Hier schrieb er seinen weltberühmten Fürsten (il principe) und seine Meisterwerke. Ersteres Buch widmete er dem Lorenzo von Medici und forderte ihn darin auf, sich an die Spitze Italiens zu stellen und »die Barbaren« d.h. die herrschsüchtigen Fremden zu vertreiben. Durch dies Buch verschüttete er es bei seinen Mitbürgern, durch seine Discorsi abermals mit den Mediceern. Durch die Päpste Leo X. und Clemens VII. gewann er zwar seine volle Freiheit u. wiederum Einfluß auf Staatsangelegenheiten (sein Leo X. gegebener Rath, die republikanische Verfassung in Florenz also einzurichten, daß die Oberherrschaft der Mediceer gesichert bleibe, ward befolgt), aber keine Aemter. Im Ganzen ärntete M. den Undank der Welt in einem solchen Grade, daß selber sein Todesjahr unbekannt ist und zwischen 1527–31 gesetzt wird. Außer historischen u. politischen Abhandlungen über Lucca, Pisa, das deutsche Reich u.s.f. Biographien, Gesandtschaftsberichten, Gutachten, Reden, Briefen (letztere herausgeg. von Heinr. Leo, Berl. 1826) u. poetischen Erzeugnissen sind M.s Hauptwerke die Geschichte von Florenz, die Zeit von 1215–1494 umfassend u. auch ins Deutsche übersetzt; die Discorsi, Erörterungen voll republikanischer Gluth über die 10 ersten Bücher des Livius; eine Arte della guerra (Agosto 1521). Letztgenanntes Werk fand Friedrich II. beachtenswerth, gegen den »Fürsten« des M. aber, der unter die bedeutendsten u. zugleich berüchtigsten Bücher gehört, die jemals erschienen, in viele Sprachen, sogar ins Arabische übersetzt wurde und zugleich dem raffinirten Egoismus, insofern sich derselbe im Gebiet der Politik geltend macht, den Namen M.smus oder macchiavellistische Politik gab, versuchte sich der Preußenkönig in seinen jüngern Jahren durch einen »Antimacchiavell«, ließ sich aber dadurch in seiner eigenen macchiavellistischen Politik nicht im mindesten beirren. Der »Fürst« des M. lehrt, wie die auf verschiedene Weise erworbenen fürstlichen Herrschaften zu führen und zu erhalten seien u. läuft auf das Raisonnement hinaus: der Vortheil sei der Gott der Politik, berechnende Klugheit ihr oberster Rathgeber u. ohne Rücksicht auf die Forderungen der Ehre u. Sittlichkeit jedes Mittel anzuwenden, sobald es zum Zwecke führe. So hat z.B. M. nichts dagegen, wenn ein Fürst freigebig, mild, wortgetreu und besonders wenn er religiös ist, aber erstens ist es für den Fürsten gar nicht nothwendig, daß er diese Tugenden wirklich besitze, sondern der Schein genügt und zweitens soll ein Fürst sich vor all diesen Tugenden hüten, sobald dieselben Schaden bringen könnten. Man streitet bis heute, ob es dem M. mit seiner schauerlichen Theorie Ernst gewesen od. ob der Republikaner dahinter lauerte. Gewiß bleibt, daß M. für seine Lehren historische Thatsachen in Hülle u. Fülle vor sich hatte u. daß gerade zu seiner Zeit der sog. M.smus in höchster Blüte stand, ferner daß der Christ sich mit einer gottentfremdeten Politik nimmermehr einverstanden erklären kann. Gesammelte Werke 1550, 1826, 1833, deutsch von Ziegler, Stuttg. 1832–41, 8 B.; vgl. Ferrari: Machiavel, juge des révolutions de notre temps, Paris 1849; Venedey: M., Montesquieu, Rousseau, Berlin 1850.
http://www.zeno.org/Herder-1854.