Angelsachsen

Angelsachsen

Angelsachsen, die mit Angeln und Jüten mach Britannien eingewanderten Sachsen, zum Unterschiede von den in Deutschland wohnenden Sachsen so genannt, wie denn auch Britannien nach den Angeln bald Anglia, Angelland, England hieß. 449 nach Chr. kamen die ersten Angeln nach Britannien, von dessen Bewohnern zu Hilfe gerufen; aus den Helfern wurden Eroberer (Hengist und Horsa sollen die Anführer gewesen sein), und Kent war ihr erstes Königreich. 477 landete der Sachse Ella und gründete das Königreich Sussex, 494 Kerdik Wessex, 527 Erkewin Essex, 527 Uffa Eastanglia, das sich später in Northfolk und Southfolk theilte. Das Land nördl. vom Humber bis zum Forth eroberten die Sachsen Ende des 6. Jahrh. und gründeten das Königreich Mercien (Mark). Doch gelang es den Sachsen nie, die Briten ganz zu unterwerfen (König Artur, der brit. Nationalheld, fast zu einer myth. Person gestempelt, st. 542), da sie selbst erobernden Fremden unterlagen. Die Verfassung der A. war die der alten Germanen; in Marken und Gauen einigten sich Familien u. Stämme und behaupteten ihren Besitz und ihr Recht gegenüber andern Marken und Gauen. Der freie Mann schützte sich selbst und wurde durch seine Genossen geschützt, der Unfreie stand unter dem Schutze seines Herrn. Der Edle (Eorl) hatte größeren Besitz, leitete die Versammlung des Gaus, führte denselben im Kriege an und hatte höheres Wehrgeld. An der Spitze stand ein König mit sehr beschränkter Gewalt; die Volksversammlung (Folkmot) entschied über Krieg und Frieden, über alles, was Recht und Gesetz sein sollte. Allmälig hörten diese Volksgemeinden auf, wie das Reich größer wurde, und der Landtag bestand aus den Trägern einer öffentlichen Gewalt, den Edlen, ihre Beschlüsse aber bedurften der Bestätigung der Freien; dieser Landtag hieß Witenagemot, Versammlung der »Weisen«, der Räthe. Die A. hatten Odins Religion in das christliche Britannien gebracht, aber Sachsen und Briten haßten einander zu sehr, als daß sie die christliche Religion hätten mittheilen und empfangen können; von Rom aus, durch den großen Papst Gregor, kam das Christenthum zu den Angels. Seine Missionäre unter Abt Augustin bekehrten zuerst 597 König Ethelbert von Kent und dessen Volk, und Augustin ward Erzbischof von Canterbury. 604 wurde Essex dem Christenthum gewonnen durch Mellitus, und dieser Bischof von London. 628 bekehrte Paulinus den König Edwin von Northhumbrien, und als Osrik und Eanfrid, die nach Edwins Tod herrschten, das Heidenthum wieder einführten, erkämpfte Oswald 635 die Einheit Northumbriens unter dem Panner des Christenthums und ward König; schon unter Edwin war Paulinus Erzbischof von York geworden. 631 bekehrte Felix, ein Burgunder, die Ostanglier, 634 Birinus Westsex, 653 nahm Penda von Mercien das Christenthum an, seinem und seines Volkes Beispiele folgte Essex und zuletzt folgte 678 Sussex dem Rufe des heil. Wilfried. Die brit. Geistlichen widerstrebten aber der Einigung und wollten sich unter andern die röm. Osterfeier, den röm. Taufritus nicht gefallen lassen, aber auf der Synode von Streaneshalch 672 mußten sie sich auf König Oswys Befehl fügen. Die brit. angels. Christenheit entfaltete nun nicht bloß auf ihrem insularischen Boden ein frisches, wachsendes christliches Leben, Streben und Schaffen, sondern sie sandte fast unzählige Glaubensboten auf das Festland herüber und unter ihnen ist Winfried St. Bonifacius und Apostel der Norddeutschen geworden. Unterdessen ruhten jedoch die Waffen nie lange; die kleinen Königreiche boten sich gegenseitig immer Anlaß zum Streite; Mercien u. Wessex erhoben sich allmälig über die andern und von 800 bis 828 gelang es dem König Egbert von Wessex die sächsischen Reiche so wie die Briten seiner Oberherrschaft zu unterwerfen, und von jetzt an heißt das Reich Anglia, England. Aber das geeinigte Reich wurde nun ein Hauptziel für die Angriffe der furchtbaren Normannen; 787 waren sie zum erstenmal in 3 Schiffen gekommen; unter Egbert kehrten sie mit Flotten zurück und nur mit der größten Anstrengung konnte Egbert sie und die abtrünnigen Briten besiegen, 835. Egberts Sohn und Nachfolger Ethelwulf schlug sie, als 851 abermals eine große Flotte ein ganzes Heer der Räuber gelandet hatte, bei Oakley in Surrey vollständig; aber nach seinem Tode erneuerten sie ihre Einfälle mit neuer Wuth und gewannen endlich die Oberherrschaft über England, die ihnen erst Alfred der Gr. entriß (s. Alfred). Eduard I. (901–924), dessen Sohn Athelstan (924–940), Edmund (940 bis 946), Edred (946–955), Edgar (957–975) behaupteten Englands Boden gegen die immer wiederholten Einfälle der Normannen und die Verräthereien der im Lande ansässigen Dänen, Ethelred II. jedoch (978–1010) erkaufte bereits den Frieden mit Silber; aber die Normannen (Dänen) hielten ihn nicht und deßwegen ließ der König 1002 alle ansässigen Dänen an einem Tage, 13. Nov., ermorden. Zur Rache verheerte nun der Dänenkönig Sueno England, Ethelreds Sohn jedoch, Edmund II., Eisenseite, bekämpfte Sueno und dessen Sohn Kanut mit Glück, wurde aber 1016 ermordet. Nun herrschten 1016 bis 1042 dän. Könige über England; zuerst Kanut II. oder Große 1016–1036, im Anfange grausam, immer aber kräftig und glücklich, zuletzt milde und fromm; nach seinem Tode kämpften seine Söhne Harald und Hardiknut um den Thron; als Harald 1040 gestorben, herrschte Hardiknut bis 1042, als ihn der Schlag traf. So erlosch die dän. männliche Linie und die Sachsen wählten Eduard III. (den Heiligen od. Bekenner), Ethelreds II. Sohn, der sich in der Normandie aufgehalten hatte, zum Könige; dieser sammelte die angelsächs. Gesetze und Gewohnheiten in einen Codex (Common Law) und machte sich dadurch verdient; st. 1066. Er hatte seinen Vetter Wilhelm von der Normandie (Ethelred II. hatte Emma, die Tochter Richards von der Normandie, geheirathet) zum Nachfolger bestimmt, allein von den Engländern wurde Herzog Harald von Wessex nach Edmunds Tode auf den Königsthron erhoben, den er aber nicht lange inne hatte; denn Wilhelm von der Normandie landete mit 60000 Normannen und gegen ihn verlor Harald den 14. Okt. 1066 bei Hastings Schlacht und Leben. Harald war der letzte angels. König, und seit dem Tage von Hastings herrschen die Normannen über das angels. Volk, bis beide zu einem verschmelzen. S. England.


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