Minnesang

Minnesang

Minnesang, die Lyrik des Ritterthums, namentlich zur Zeit der Hohenstaufen, etwa 1170–1254 n. Chr. und in Schwaben blühend, vor allem die Minne (s. d.) verherrlichend, daher im Ganzen »frauenhaften« Charakters. Ueber den historischen Zusammenhang des M.s mit der Poesie der Troubadours herrscht noch vieles Dunkel, doch läßt sich derselbe nicht wegdisputiren, dagegen ist die innere Verwandtschaft gering. Der deutsche M. ist Gemüthsdichtung, die sich am liebsten in weichen ruhigen Empfindungen u. oft breit genug bewegt, zeigt ein sinniges Eingehen in das wechselnde Naturleben u. eine Einfalt, wovon in der provençalischen Lyrik meist das Gegentheil gefunden wird. Die Minnesänger gehören großentheils dem Ritterstande, dem niedern Dienstadel an, manche fürstlichem, spätere auch dem bürgerlichen Stande. Unter den mehr als 160 uns bekannten Minnesängern gab es sog. fahrende Sänger, die gleich Walther von der Vogelweide an den Höfen herumzogen, auf Kosten der Fürsten und hohen Geistlichen zehrten und vor allem Feste durch ihre Lieder verherrlichten, welche sie mit Begleitung von Saiteninstrumenten u. häufig nach Melodien sangen, welche sie selber componiert hatten. Die ältesten Minnelieder sind noch in der Heldenstrophe, die späteren in der gegliederten dreitheiligen Strophe abgefaßt, aus der sich eine sehr große Anzahl von Strophenarten und Tönen entwickelte. Außer den eigentlichen Minneliedern dichtete man Lieder in freier Form, den Sequenzen des Kirchengesanges nachgebildet, sog. Leiche, später immer häufiger Gedichte gnomischen, geistlichen od. politischen Inhaltes, deren Strophen nur locker verbunden waren, sog. Sprüche. Berühmte Dichter nahmen Schüler an, die ritterlichen Sängerschulen kamen hinsichtlich dessen, was sie für Zierlichkeit der Sprache u. kunstreiche Verschlingung des Reimes geleistet, den spätern Meistersängern zu gute. Der sog. Wartburgkrieg um 1207 mag weder der erste noch der letzte, sondern nur der berühmteste dichterische Wettkampf gewesen sein. Hauptsitz des M.es blieb Süddeutschland, die eifrigsten Förderer desselben wurden die Herzoge von Oesterreich u. die Landgrafen von Eisenach, erst zur Zeit des Zerfalles feierte der M. auch in Norddeutschland eine Nachblüte (Herzog Heinrich IV. von Breslau reg. 1266–1290, Markgraf Otto von Brandenburg 1266–1308, König Wenzel von Böhmen gest. 1305, Wizlaw Fürst von Rügen reg. 1302 bis 1325 u.a. spätere Dichter). Die größten Dichter des Mittelalters waren auch Meister im M.; Heinrich von Veldegk gab demselben bestimmtere Form und Weise, Wolfram von Eschenbach erfand die Taglieder u.s.w., aber unter den eigentlichen Minnesängern bleibt der ausgezeichnetste Walther von der Vogel weide (geb. zw. 1165–1170 in Franken oder Schwaben, verschollen seit um 1228), repräsentiert den Zerfall des M.es, Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob (gest. 1317 oder 1318 zu Mainz). Die Haupthandschrift der Minnesänger, der vom Züricher Rathsherrn Rüdiger von Manesse gesammelte sog. Manessische Codex enthält 140 Minnesänger und liegt jetzt zu Paris, eine Handschrift aus dem ehemaligen Kloster Weingarten bei Ravensburg befindet sich in Stuttgart. Hauptgesammtausgabe der Minnesänger durch v. d. Hagen, Leipz. 1838 ff., 3 B.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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