Chinarinde

Chinarinde

Chinarinde. Die erste Entdeckung der Heilkraft der C. verliert sich in das Gebiet der unbestimmten Sage. Ob die Eingebornen Südamerikas vor der Ankunft der Europäer die Wirksamkeit und den Gebrauch dieser Rinde gekannt haben, ist jedenfalls ungewiß und nach Alex. v. Humboldt höchst zweifelhaft. Die Veranlassung zur weiteren Verbreitung gab im J. 1638 die Krankheit der Vicekönigin von Peru, Gräfin del Chinchon, an einem jener bösartigen Fieber der Tropengegenden. Auf diese Nachricht hin überschickte ein Unterbeamter, Corregidor in Loxa (Neugranada), dem Vicekönig das Pulver dieser Rinde, durch dessen Gebrauch auch die Gräfin sehr schnell genas. Ein Jahr darnach, als der Vicekönig nach Spanien zurückgekehrt, vertheilte die Gräfin del Chinchon eine Masse solchen Pulvers in Spanien, woher es anfangs als Pulvis Comitissae bekannt wurde, wie es später als insbesondere die Jesuiten sich mit der Verbreitung desselben abgaben, auch Pulvis patrum und von dem Cardinal de Lugo, dem damaligen Jesuitengeneral, der es dem Cardinal Mazarin für den jungen Ludwig XIV. empfahl, Pulvis cardinalis genannt wurde. Es stand nicht lange an bis die gesammte medic. Welt ob dem Gebrauch dieser Rinde in Wechselfiebern in zwei feindliche Lager sich theilte, insbesondere als nach dem Gebrauch derselben (ob wegen? dessen muß zweifelhaft bleiben) der niederl. Statthalter Erzherzog Leopold Wilhelm v. Oesterreich schnell gestorben war. Daß die se Rinde in Mißcredit gekommen, muß vielfältig den gewinnsüchtigen Verfälschungen dieses damals sehr theuren Mittels zugeschrieben werden. Uebrigens hat sich dieses Arzneimittel bereits im vorigen Jahrhundert derart erprobt, daß es nunmehr wie die aus dieser Rinde gewonnene Acaloide des Chinin und Cinchonin in hunderten von Centnern mit dem sichersten Erfolg jährlich verbraucht werden. Die Heimath der Chinabäume, welche als 12' bis 80' hohe Bäume in ungeheuren Wäldern die Ostabhänge der Cordilleren seiner Zeit überzogen haben, in neuester Zeit aber bereits da und dort sehr gelichtet erscheinen, ist das Gebiet von Neugranada (Columbien) und Peru von 20° S. B. bis 7° N. B., wo dieselben in einer Meereshöhe von 720–2900 Metres über der Region der Palmen und Bananen wachsen. Die berühmte China von Loxa, die Königsrinde, wächst in der Gegend von Coxonuma und Uritusinga in einer Höhe von 1900–2500 Metres. Gerade 100 Jahre stand es an, bis man durch La Condamine bei Gelegenheit der französischen Gradmessung des Meridians in Quito den Baum kennen lernte, welcher die berühmte Rinde bis da geliefert hatte. Dem Geschlecht dieser Bäume gab Linne den Namen zu Ehren der Gräfin del Chinchon: Cinchona und die Species nannte er nach La Condamine: Cinchona Condaminea L. Seitdem aber sind mehr als 20 Arten der Gattung Cinchona entdeckt und bestimmt worden, welche alle ächte C. liefern. In der Arzneimittellehre theilt man die C. in 3 Arten: 1) die braune Rinde (Cortex peruvianus fuscus) 2) die gelbe (C. p. flavus), 3) die rothe (C. p. ruber). Praktischer für die Verwendung der Rinde zur Chinin-Cinchoninfabrication wie für den ärztlichen Gebrauch ist die Eintheilung nach dem Gehalt an Alcaloiden, in welcher das vorzugsweise wirksame Princip zu erkennen ist. Nach dieser Richtung theilt Göbel in seiner pharmaceut. Waarenkunde sämmtliche im Handel vorkommenden ächten Sorten in folgende 3 Klassen: 1) Cinchoninhaltige Rinde: Huanuco enthält 168 Gran im Pfund. 2) Chininhaltige Rinden (die wichtigsten): China regia 60–95 Gr. im Pf. C. flava fibrosa 54 Gr. im Pf. 3) Einchonin und Chininhaltige Rinden: China rubra 40 Gr. Chin. u. 65 Cinch. C. flava dura 56 Gr. Chin. u. 43 Cinch. C. Huemalis 28 Gr. Chin. u. 38 Cinch. C. vera de Loxa 16 Gr. Chin. u. 20 Cinch. C. falsa de Loxa 9 Gr. Chin. u. 12 Crich. Im Allgemeinen kommen die Rinden zu uns bald in platten, bald in gerollten Stücken, mit rissiger mit Flechten besetzter Oberhaut, deren Bast von brauner, zimmtartiger Farbe ist, von außerordentlich bitterem zusammenziehenden Geschmacke. Nachdem die Rinden von den Indianern in den trockenen Monaten September, October und November in Urwäldern der Cordilleren geschält, an der Sonne getrocknet und von Unterhändlern in der nächsten Stadt, z.B. La Paz aufgekauft sind, werden dieselben sortirt, in Surenen (Thierhäute) eingenäht und nach Lima transportirt, von wo wir dieselbe beinahe ausschließlich u. in der Regel über England beziehen. – Die Anwendung der C. in der Medicin sowohl des Pulvers, des Absuds, Auszugs, der Tinkturen wie der Alkaloide ist in erster Reihe durch das Wechselfieber heute wie vor 200 Jahren angezeigt, allein auch die verschiedensten anderen, insbesondere typischen Krankheiten geben zu ihrer Anwendung Gelegenheit.


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