- Tastsinn
Tastsinn, der, hat die Aufgabe, die damit begabten thierischen Organismen von der körperlichen Beschaffenheit der mit den Tastorganen in nächste Berührung kommenden Dinge zu unterrichten. Tastorgan im weiteren Sinn ist für jedes Thier jeder empfindliche Theil seiner der Außenwelt zugekehrten Oberfläche, im engeren Sinn sind von der Natur bei verschiedenen Thieren verschiedene Stellen ihrer Oberfläche, die zu diesem Zweck meistens als appendiculäre Organe erscheinen, hiezu bestimmt. Bei den Gliederthieren kommen die Tastorgane als Antennen (Fühler) vor, ähnliche Organe haben auch die Weichthiere, während die Wirbelthiere meistens Lippen, Zunge u. Barthaare dazu verwenden, dem Menschen aber die Hand vorzugsweise hiezu verliehen ist, obgleich auch Zunge und Lippen hiezu tauglich sind. Die anatomischen Elemente zur Aufnahme der für den T. bestimmten Eindrücke sind die sog. Tastwärzchen (papillae tactus). Dieselben sind da wo sie am dichtesten vorkommen, an der Beugfläche der Fingerspitzen, in concentrischen elliptischen Curven reihenweise gestellt. Dieselben liegen sehr nahe der gegen die Oberhaut gekehrten Oberfläche der Lederhaut in ihr Gewebe dicht eingebettet. In jedes Wärzchen geht eine Capillargefäßschlinge. Ob in alle ein Nervenfaden geht, ist anatomisch noch nicht erwiesen. Wagner und Meißner haben i. J. 1853 bei den größeren Papillen (es gibt deren auch kleinere, wie an verschiedenen Stellen auch ihre Form verschieden ist), die Nervenenden verfolgen können. Sie sprechen nur dieser Klasse von Tastwärzchen, welche sie Tastkörperchen nennen, die Aufnahme von Tasteindrücken zu, Kölliker u. A. auch den übrigen. Tastwärzchen kommen übrigens auch an einzelnen Theilen der Schleimhaut z.B. Lippen, Augenlid, Zunge, Eichel, Nymphen, vor. Der T. ist unter den Sinnen der am wenigsten selbständige. In engster Beziehung steht er mit der Muskelthätigkeit, ist gewissermaßen ohne sie nicht möglich, sofern zu seiner Ausübung ein mittelst Bewegung hervorgebrachtes mannigfaltiges Berühren zwischen dem Organ und dem Gegenstand nothwendig ist. Ueber die Feinheit des Tastgefühls der verschiedenen Stellen der Haut haben Weber und Lichtenfels Versuche gemacht. Während z.B. die Haut des Rückens die beiden 1 Zoll von einander abstehenden Zirkelspitzen kaum mehr gesondert empfindet, kann die Zungenspitze noch 2 Linien gut unterscheiden. Diese Feinheit ist nach der Individualität natürlich sehr verschieden. Wie bekannt ist der T. gar häufig durch das Auge zu berichtigen, daher vom Gesichtssinn abhängig.
http://www.zeno.org/Herder-1854.