- Synodal- u. Presbyterialverfassung
Synodal- u. Presbyterialverfassung, nannten die deutschen Protestanten ein Mittelding von kirchlicher Verfassung, das die Vortheile der Episcopal- u. Presbyterialverfassung (s. Episcopalsystem, Presbyter, Presbyterianer) in sich vereinigen sollte, 1816 in Preußen angebahnt, seitdem in Baden, Württemberg und Bayern nachgeahmt, aber nirgends in befriedigender Weise durchgeführt wurde. Die S. läuft grundsätzlich auf Selbstregierung der betr. Kirchen und näher darauf hinaus, daß 1) ein aus den Predigern und freigewählten christlichen Hausvätern bestehendes Presbyterium das Vermögen der Kirchengemeinde, zu dem auch das Schulvermögen sowie die milden Stiftungen gerechnet werden, verwalte, Kirchenpolizei übe, über Kirchenbauten und Ausbesserungen der kirchlichen Gebäude entscheide, bei Einführung oder Abänderung von Liturgien ein Wort mitzusprechen habe, die niedern Kirchendiener ausschließlich wähle, an der Wahl der Prediger u. Schulmeister eine bestimmte Theilnahme u. endlich das Armenwesen ganz in den Händen habe. Der Hauptprediger soll Schriftführer des Presbyteriums sein, dieses regelmäßig sich versammeln, durch Stimmenmehrheit entscheiden u.s.f. 2) Wie das Presbyterium gleichsam die Gemeindesynode für die einzelne Pfarre bildet, so führt eine Kreissynode die Aufsicht über die Pfarren eines Kreises. Sie soll aus Predigern und Abgeordneten der einzelnen Presbyterien bestehen u. unter dem Vorsitz des Superintendenten die kirchlichen Angelegenheiten des Kreises beaufsichtigen, berathen, theils selber ordnen, theils die gesetzgebende u. verwaltende Behörde zum Einschreiten veranlassen, besonders die Prediger prüfen u. anstellen, für die Erhaltung der Kirchenzucht unter den Predigern und Schulmeistern sorgen helfen, Streitigkeiten zwischen Predigern, Patronen und Gemeinden zu vermitteln suchen u. dergl. m. 3) Endlich soll die Oberleitung aller kirchlichen Angelegenheiten eines Landes in den Händen einer Generalsynode liegen, die ebensoviel geistliche als weltliche Mitglieder zählt, deren Wahl in letzter Instanz von den einzelnen Gemeinden abhängt. Dem Staate soll lediglich die Sanction der kirchlichen Gesetzgebung verbleiben, die Generalsynode aber alle 3 Jahre zusammentreten u. zu ihrer Competenz gehören: die kirchliche Statistik in Bezug auf die einzelnen Gemeinden, Anstalten, Stiftungen, Güter, Gebäude und Personen, die Kirchenlehre in Bezug auf den öffentlichen Vortrag, ganz und gar das Cultwesen, die Liturgie, das Schulwesen und alle kirchlichen Verfassungsangelegenheiten, vor allem das Verhältniß der Kirche zum Staat, in welcher Beziehung die Generalsynode dem Cultusministerium gegenüber die Kirche vertritt.
http://www.zeno.org/Herder-1854.