Romantisch

Romantisch

Romantisch, ein durch Mißverständnisse sehr nebelhaft gewordener Ausdruck, ist ursprünglich gleichbedeutend mit romanisch, der lingua romana rustica angehörig, ein r. es Gedicht, altfranzös. romant, somit ein in der Volkssprache abgefaßtes. Zur Zeit als der Roman Amadis bei uns ein Lieblingsbuch wurde, trug man den Ausdruck r. auf den Stoff über, r. bedeutete alsdann: abenteuerlich, phantastisch, wunderbar, Roman aber eine Erzählung voll seltsamer und wunderbarer Begebenheiten. R.e Poesie, ist streng genommen diejenige Poesie, welche nachweisbar von den romanischen Völkern zu uns kam, näher diejenige, welche die Karls-, Gral- u. Artussage behandelt. R.e Schule nennt man in Frankreich die Gesammtheit der Dichter, welche dem Classicismus (vgl. Classiker, ferner Bd. II. S. 785 ff.) entgegentraten, in Deutschland diejenige Richtung der Literatur und Kunst, als deren hauptsächlichste Beförderer die beiden Schlegel, Hardenberg und Tieck bekannt sind und welche einen gewaltigen und im Ganzen sehr wohlthätigen Einfluß übte, der bis auf unsere Zeit nicht erlosch. Die Anhänger der r.n Schule oder die Romantiker wurden zur Zeit als Göthe auf der Höhe seines Ruhmes stand, zu Trägern des Gedankens, daß die Poesie ins Leben selbst eindringen u. es von allem Gemeinen u. Philisterhaften säubern müsse. Dieser Gedanke lenkte die Romantiker nothwendig auf das Mittelalter, denn damals hatte es große volksthümliche Heldensagen, Mären und Minnesänger gegeben, welche die Dichtkunst unmittelbar ins Leben hineintrugen. Mit der Vorliebe für mittelalterliche Poesie erwachte die für die Poesie von Südeuropa und des Orients, damit für Literaturgeschichte und Sprachforschung, worin sie bahnbrechend wurden. Die Verherrlichung des Mittelalters gewann mehr oder minder katholische Färbung und sah wie Feindseligkeit gegen die Neuzeit aus, weil die begabtesten Sänger aus dem offenbaren Geheimnisse: Einheit der Poesie und des Lebens setze Einheit der Sitte, Sprache, Lebensanschauung und vor allem Einheit des Glaubens voraus, durchaus kein Hehl machten. Weil sie gleichzeitig gegen Kotzebue, Lafontaine, gegen die Fabrikanten der Räuber- und Ritterromane u. damit gegen Lieblinge der Lesermasse auftraten, dabei allmälig Schillern gar nicht mehr als Dichter gelten lassen und selbst über Göthe hinausfliegen wollten, ohne je Ebenbürtiges zu schaffen, ausgenommen in der Lyrik, wuchs der Mißkredit der r.n Schule. Durch sie erhielt r. nicht nur die ganz unhistorische Bedeutung: altdeutsch, mittelalterlich, sondern auch: frömmelnd, scheinheilig u.s.w., anderseits redete man von r. end.h. wildschauerlichen, malerischen Landschaften, Aussichten, r. end.h. wunderbaren Schicksalen, Begebenheiten u. dgl. Im Zusammenhange mit der r. en Dichterschule, welche überhaupt auch auf Philosophie und Theologie, Geschichte, Sprach- und Naturwissenschaften unberechenbaren Einfluß übte und von welcher Koriphäen wie I. v. Eichendorff noch leben, steht eine r. e Malerschule (vgl. Overberg). – Vgl. Eichendorff: Ueber die ethische und religiöse Bedeutung der neuern r. en Poesie in Deutschland, Leipzig 1847.


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