- Hugo [2]
Hugo, Victor Marie, einer der einflußreichsten und bei uns mehr als genügend bekannter Dichter Frankreichs, geb. 1802 zu Besançon, Sohn eines französ. Oberoffiziers, in Kalabrien, Spanien, zumeist aber in Paris u. im Colleg Ludwigs XIV. erzogen, fand schon 1819 mit seinen Gedichten Anerkennung, entwickelte auch als Romanenschreiber und Dramatiker eine ungemeine Fruchtbarkeit, seitdem er 1822 von der Regierung eine Pension bekommen, wurde seit 1830 das Haupt der s. g. Romantiker, 1845 Pair, saß seit 1848 in der constituirenden und legislativen Versammlung, wurde nach dem 2. Dez. 1851 aus seinem Vaterlande verbannt und wartet in England auf bessere Zeiten. Schon als Kind lernte Hugo Napoleon L hassen; er war Royalist, bis er merkte, daß sein Royalismus seinen dichterischen Erfolgen zu vielen Eintrag thue, schritt unter dem Juliregiment vom gemäßigten Liberalismus zum Radicalismus fort, zeigte sich seit 1848 als feuriger Republikaner und Feind des Präsidenten Napoleon, gegen welchen er 1852 von Brüssel aus die Schrift: »Napoléon le petit« schleuderte, deren Verbreitung auch in deutschen Staaten durch Verbote mehr gefördert als gehindert worden sein soll. Als Dichter ist H. unstreitig in seinen lyrischen Leistungen ausgezeichnet (Oden u. Balladen 1822 bis 1824); Orientales 1828; Herbstblätter 1831) und vereiniget überhaupt große poetische Anlagen mit einer seltenen Meisterschaft der Sprache, aber in seinen Romanen und Dramen schritt die Gluth seiner Phantasie fort zur Zügellosigkeit, die alle Kunstregeln mit Füßen tritt, die Freude am Bizarren u. Gräßlichen (Han der Isländer 1823; Notre-Dame de Paris 1831) hatte ihren ersten und vorzüglichsten Grund in der Sucht nach Effecthascherei und wurde namentlich in den Dramen (Le roi sʼamuse 1832; Lucretia Borgia 1833 u.s.f.) als Freude an Blut, Mord u. Schande offenbar. H.s Werke (die Prachtausgabe von 1840 füllte bereits 13 Bde.) wurden in Deutschland mit Heißhunger übersetzt und gelesen, die Stuttgarter Uebersetzung (1830–1843) füllt 25 Bde. Vgl. Französ. Literatur Bd. II. S. 785–786.
http://www.zeno.org/Herder-1854.