- Ewiger Jude
Ewiger Jude, heißt der Held einer alten weitverbreiteten Volkssage, welche eine ganze Literatur hervorrief, von Schubert, Mosen, Vulpius, A.W. Schlegel, in neuerer Zeit von W. Hauff u. Eugen Sue dichterisch bearbeitet und benützt wurde. Christen und Mohammedaner stimmen darin überein, der e. J. wandere seit Christi Zeit und müsse bis zur Wiederkehr Christi am jüngsten Tage wandern. Die älteste Nachricht, nämlich die des Mönchs Matthäus Parisiensis in seiner »historia anglicana« ad ann. 1229 macht den e. J. zu einem Thürsteher Kartaphilus, der Christum mit Faustschlägen aus dem Hause des Hohepriesters treibt, Duduläus dagegen kennt ihn als einen Schuhmacher Ahasverus, welcher Jesum vor seinem Hause nicht ausruhen ließ, seither rastlos wandert und alle 100 J. durch eine schwere Krankheit zum jungen Manne sich verjüngt. Nach Hadecks »Bericht eines Wittenberger Studenten« soll 1547 Paul von Eizen, der spätere Bischof von Schleswig, mit dem e. J. verkehrt haben. Das 1. Volksbuch »Wunderbarlicher Bericht von einem Juden aus Jerusalem bürtig und Ahasverus benannt, welcher fürgibt u.s.w.«, Leyden 1602, schmückte die Sage sehr aus, die Mohammedaner aber machten den e.J. gar zu Zebir, einem Sohne des Propheten Elias und lassen ihn mit dem Emir Fadhil über Christum und das Weltende sprechen. Während im 18. Jahrh. Calmet in s. Dictionnaire den e.J. in England herumwandern ließ, verwies K. Anton denselben nach dem Vorgange des Königsberger Prof. Schulz ganz aus der Welt in seiner: »Dissertatio, in qua lepidam fabulam de Judaeo immortali exam.«, Helmst. 1760. Jedenfalls repräsentiert der e. J., welchen man in der jüngsten Zeit an einigen Orten wiederum leibhaftig gesehen haben will, das jüd. Volk in seinen Schicksalen seit der Zerstörung Jerusalems u. ebenso gewiß bot die sinnreiche Sage schon manchmal die Handhabe für Betrügereien. S. Suden, der gelehrte Criticus, Leipz. 1701, Bd. I. S. 67. J. Görres, die deutschen Volksbücher S. 200.
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