- Uhland
Uhland, Joh. Ludwig, einer der wenigen ächten Dichter der neuern Zeit u. vielleicht der volksthümlichste von allen, geb. 1787 zu Tübingen, wo sein Vater Secretär der Universität war, studierte die Rechte, machte 1810 deutsche Studien zu Paris u. ließ sich 1812 als Advokat in Stuttgart nieder. Seit 1819 Mitglied der Ständekammer, gehörte er 1833–39 zu den ausgezeichnetsten Mitgliedern der Opposition, lehnte abermalige Erwählung ab u. unterbrach seine Zurückgezogenheit seitdem nur noch dadurch, daß er 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung wurde; als solches saß er auf den Bänken der gemäßigten Linken. W. Menzel sagt von ihm: »U. steht unter den Dichtern, welche den Uebergang bilden aus der begeisterten (1813) in die nüchterne Zeit, oben an; denn in ihm finden wir die schöne Wärme u. farbige Phantasie der frühern romantischen Zeit und die besonnene praktische Richtung der neuen Zeit, kurz beide Zeiten in ihren guten Eigenschaften vereinigt. Daher ist auch sein Doppelleben als Dichter u. Volksvertreter bedeutungsvoll u. keineswegs blos zufällig. Die Umwandlung der Zeit selbst spiegelt sich darin. Die schöne Schwärmerei des Dichters schließt die klare Handlungsweise des Staatsmannes, die liebende Versenkung in die Erinnerung der alten romantischen Vorzeit schließt die Theilnahme am jugendlichen und kräftigen Wachsthum der Gegenwart nicht aus. Das Charakteristische fast all seiner Gedichte (Tübg. 1815, 11. Aufl. Stuttg. 1853) ist vollendete Gesundheit, Einfachheit ohne alle Manier u. zieltreffende Wahrheit, und man darf ihm mit vollem Rechte nachrühmen, daß er die Lyrik zu der Natürlichkeit zurückgeführt habe, die unser ächtes altes Volkslied so vortheilhaft vor der Kunstlyrik der Neuern unterscheidet«. Meisterhafte Lieder sind: der König auf dem Thurme, die Kapelle, Schäfers Sonntagslied, des Knaben Berglied, die Frühlings- u. Wanderlieder; unter den politischen Gedichten: Wenn heut ein Geist herniederstiege (1816); als Balladendichter steht U. würdig neben Göthe: des Sängers Fluch, der blinde König, der gute Kamerad, Eberhard der Rauschebart u.a. Gedichte dieser Art sind jedem Schulknaben geläufig. Als Dramatiker (Herzog Ernst v. Schwaben 1817, Ludwig der Bayer 1818 u.s.f.) erlangte U. keine hervorragende Bedeutung, dagegen hat er sich als Literarhistoriker (über das altfranz. Epos in Fouqués Musen 1812; über Walther v. d. Vogelweide 1823, der Mythos von Thor 1836), sowie als Sammler von alten hoch- u. nieder-deutschen Volksliedern (Stuttg. 1844 bis 45) gleichfalls ausgezeichnete Verdienste erworben. – S. schwäb. Dichter.
http://www.zeno.org/Herder-1854.