- Orient
Orient, lat.-deutsch, Sonnenaufgang, Ost, Morgengegend, Asien mit der Türkei und Aegypten; o.iren, die Morgengegend aufsuchen und dadurch die Richtung der andern Weltgegenden; sich zurecht finden. O.alisches Kaiserthum, das byzantin. Reich; o.alische Christen, die Anhänger der griech. Kirche. O.alische Sprachen, die älteren und neueren semitischen, die älteren u. neueren persischen u. indischen, das Tibetanische, Mongolische, Chinesische, Japanische, Malayische etc., das Koptische; o.alische Literatur, die hebräische, syrische, arabische etc. s. die einzelnen Artikel. O.alist, Sprachgelehrter, der sich mit dem Studium der o.alischen Sprachen befaßt. Dasselbe begann im Mittelalter mit dem Arabischen, indem die Abendländer Jahrhunderte lang bei den Arabern (besonders in Spanien) in manchen Wissenschaften, namentlich in Mathematik u. Medicin, in die Schule gingen. Mit dem Erwachen der Philologie im 15. u. 16. Jahrh. begann auch das Studium der hebräischen Sprache u. der mit ihr zunächst verwandten semitischen; das der andern Sprachen wurde hauptsächlich im 17. Jahrh. durch die kathol. Missionen u. besonders die Propaganda zu Rom inʼs Leben gerufen u. gepflegt u. namentlich haben sich die Jesuiten um die Kenntniß des Chinesischen u. Japanesischen große Verdienste erworben. Für die Kenntniß der nichtsemitischen asiat. Sprachen waren im 18. Jahrh. besonders die Franzosen thätig (vergl. Anquetil du Perron, Desguignes etc.), seit neuester Zeit sind es namentlich die Engländer, durch ihre Eroberungen in Ostindien dazu veranlaßt. Frankreich, England, auch Rußland fördern diese Studien durch Staatsanstalten und Vereine (asiatische Gesellschaft), unter den Gelehrten leisten jedoch die Deutschen am meisten (vgl. Bopp, Grotefend, Lassen, Mohl etc.). Durch das Studium der o.alischen Sprachen hat namentlich auch die Geschichte gewonnen, einestheils durch die Auffindung bisher unbekannter Quellen, anderntheils durch den unumstößlichen Beweis der Sprachenverwandtschaft, die einen gemeinsamen Ursprung der betreffenden Völker außer Frage stellt.
http://www.zeno.org/Herder-1854.